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Eingruppierung von Beschäftigten in Waren- und Kassenserviceteams

Eingruppierung von Beschäftigten in Waren- und Kassenserviceteams

Bei der Einreihung eines Arbeitnehmers in Beschäftigungsgruppen oder Tätigkeitsgruppen ist vorab zu prüfen, ob der Arbeitnehmer der Gruppe der Angestellten oder derjenigen der gewerblichen Arbeitnehmer zuzuordnen ist. Für Angestellte erfolgt dann eine Eingruppierung nach den Tätigkeitsmerkmalen der Beschäftigungsgruppen, für gewerbliche Arbeitnehmer eine Einreihung in die Tätigkeitsgruppen und Lohnstufen. Das ergibt die Auslegung des Tarifvertrags.

Eingruppierung von Beschäftigten in Waren- und Kassenserviceteams

Hierfür spricht im hier vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall zunächst der Wortlaut von § 11 Nr. 1 des Manteltarifvertrages des Einzelhandels Baden-Württemberg. Danach werden die Angestellten in Beschäftigungsgruppen, die gewerblichen Arbeitnehmer in Lohnstufen eingereiht. Diese Trennung setzt sich hinsichtlich der Eingruppierungsgrundsätze fort. § 11 Nrn. 2, 3, 5 und 6 MTV gelten nur für Angestellte und die Einreihung in Beschäftigungsgruppen. Diese Grundsätze können auf die Einreihung der gewerblichen Arbeitnehmer in die Lohnstufen nicht ohne weiteres übertragen werden, da nicht jeder Lohnstufe ein allgemeines Tätigkeitsmerkmal vorangestellt worden ist. Wenn die Einreihung der Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmer nicht nach denselben Grundsätzen zu erfolgen hat, erfordert die Feststellung der Eingruppierungsgrundsätze die vorherige Prüfung, ob ein Arbeitnehmer Angestellter oder gewerblicher Arbeitnehmer ist. Zudem ähneln sich – worauf der Betriebsrat zutreffend hinweist – die Tätigkeitsbeispiele in den Beschäftigungsgruppen und Lohnstufen zum Teil (zB „Warenauszeichnen“ in Beschäftigungsgruppe I und „Etikettierer“ in Lohnstufe 1; „Angestellte am Packtisch mit Kontrolltätigkeit“ und „Angestellte in Lager und Expedition“ in Beschäftigungsgruppe II sowie „Lagerarbeiter“ in Lohnstufe 3). Eine trennscharfe Abgrenzung dieser Tätigkeiten wäre zwar ggf. auch anhand der Beispiele möglich, wird aber durch eine vorweggenommene Prüfung erleichtert.

Für eine solche Prüfung spricht auch die Tarifhistorie. Der Manteltarifvertrag vom 29.05.1974 enthielt keine § 11 Nr. 1 MTV vergleichbare Regelung. Die Einreihung der Angestellten in Beschäftigungsgruppen war in § 10 MTV 1974 ähnlich der Einreihung der Angestellten im derzeitigen § 11 MTV geregelt. Für die Einreihung der gewerblichen Arbeitnehmer waren keine Eingruppierungsgrundsätze vereinbart. Der damalige Lohntarifvertrag war aber als „Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer“ bezeichnet. Das verdeutlicht, dass eine Abgrenzung zwischen Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmern vorgesehen war. Im Manteltarifvertrag vom 01.04.1977 findet sich bereits in § 11 Nr. 1 die auch im derzeit gültigen MTV vorhandene Formulierung. Der Lohntarifvertrag war weiterhin als „Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer“ bezeichnet. Im Manteltarifvertrag vom 07.05.1985 werden in § 11 Nr. 4 erstmals auch die Lohnstufen erwähnt. Im Tarifvertrag über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen vom 07.05.1985 findet sich – als Neuerung – die verkürzte Überschrift „Löhne“. Die bereits früher im Gehalts- und Lohntarifvertrag angelegte Differenzierung zwischen der Einreihung von Angestellten und gewerblichen Arbeitnehmern ist damit in den MTV übertragen und dort den weiteren Vorschriften zur Einreihung vorangestellt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Regelung zwar im Jahr 1977 neu aufgenommen wurde, aber rein deklaratorisch sein sollte, bestehen nicht. Formulierungen, die den Schluss auf inhaltliche Änderungen zulassen würden, sind auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht eingefügt worden.

Zur Abgrenzung der Angestellten von den gewerblichen Arbeitnehmern in der Privatwirtschaft ist, wenn – wie vorliegend – andere Anhaltspunkte fehlen, auf die Vorgehensweise des Bundessozialgerichts zur rentenversicherungsrechtlichen Einordnung eines Arbeitnehmers als gewerblicher Arbeitnehmer oder Angestellter zurückzugreifen und eine mehrstufige Prüfung durchzuführen. Zunächst ist zu prüfen, ob der Beschäftigte zu einer der in § 133 Abs. 2 SGB VI aF genannten Gruppen gehört. Ist dies nicht der Fall, so ist in einem zweiten Schritt zu untersuchen, ob die Tätigkeit im sog. Berufsgruppenkatalog des damaligen Reichsarbeitsministers vom 08.03.1924 mit den Änderungen vom 04.02.1927; und vom 15.07.1927 aufgeführt ist. Auf der dritten Stufe ist zu prüfen, ob die Beschäftigung derjenigen Berufsgruppe entspricht, deren Angehörige nach der Verkehrsanschauung allgemein als Angestellte betrachtet werden. Schließlich ist im vierten Prüfungsabschnitt erforderlichenfalls der Frage nachzugehen, ob die Beschäftigung vorwiegend geistig oder vorwiegend körperlich geprägt ist. Auch wenn diese Unterscheidung zunehmend schwieriger und auch kritischer geworden ist, ist sie dennoch möglich.

Verrichtet der Arbeitnehmer teils die Tätigkeit eines gewerblichen Arbeitnehmers, teils die eines Angestellten, so ist für die Bestimmung dieser gemischten Tätigkeit entscheidend, welche der Tätigkeiten dem Arbeitsverhältnis in seiner Gesamtheit das Gepräge gibt. Dabei kommt es nicht auf den Zeitaufwand der Einzelarbeiten, sondern auf eine umfassende Betrachtung an. Die Zeitdauer, die der Arbeitnehmer bei einer gemischten Tätigkeit für die eine oder andere Tätigkeitsart aufwendet, steht nicht als eigener Gesichtspunkt neben der Bedeutung der einen oder anderen Tätigkeitsart. Sie kann nur als eines von verschiedenen Merkmalen dafür herangezogen werden, welche der beiden Tätigkeitsarten die Hauptbedeutung hat und somit der gesamten Tätigkeit das Gepräge gibt.

Danach handelt es sich bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Warenservice-Team um gewerbliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Sie gehören keiner der in § 133 Abs. 2 SGB VI aF beispielhaft genannten Gruppen an. Insbesondere sind sie keine Handlungsgehilfen oder andere Angestellte für kaufmännische Dienste iSd. § 133 Abs. 2 Nr. 4 SGB VI aF. Handlungsgehilfe ist, wer in einem Handelsgewerbe zur Leistung kaufmännischer Dienste gegen Entgelt angestellt ist (§ 59 Satz 1 HGB). Kaufmännische Dienste sind solche, die nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Verkehrssitte als solche gelten, also zB Umsatz von Waren, Abschluss von Rechtsgeschäften, Buchführung, Führung von Korrespondenz und Kassenführung. Derartige Tätigkeiten sind den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Warenserviceteam nicht übertragen. Sie verrichten allenfalls dem Abschluss von Rechtsgeschäften vorgelagerte und diesem dienliche Tätigkeiten. Die Kassenführung ist nicht Teil ihrer Aufgaben.

Die von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Warenserviceteam ausgeübten Tätigkeiten finden sich auch nicht im Berufsgruppenkatalog des damaligen Reichsarbeitsministers. Bereits die Oberbegriffe passen sämtlich nicht auf eine Tätigkeit in einem Warenhaus. Es handelt sich insbesondere nicht um eine Tätigkeit in der „Textilindustrie“ oder „Bekleidungsindustrie“.

Eine Verkehrsanschauung, nach der die Beschäftigten der Berufsgruppe als Angestellte angesehen werden, besteht nicht. Die Tätigkeit im Warenserviceteam ist speziell durch die Arbeitgeberin für ihre Warenhäuser zusammengestellt worden. Für diese hat sich eine Verkehrsanschauung (noch) nicht gebildet.

Die Tätigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Warenserviceteam ist körperlich und nicht geistig geprägt. Ihre Tätigkeit ist in der Hauptsache darauf gerichtet, die Waren in der richtigen Form an den richtigen Ort zu verbringen. Sie stellt sich damit als körperlich-mechanische Tätigkeit dar. Im Wesentlichen handelt es sich um Vorarbeiten zur Verkaufstätigkeit, die nicht durch eine geistige Leistung, sondern durch die körperliche Zurverfügungstellung der Ware geprägt wird. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führen keine Kontrollen oder Prüfungen durch, die die körperliche Arbeit des Warentransports als geistig geprägt erscheinen lassen könnten. Ebenso wenig obliegt ihnen eine gestalterische Tätigkeit bei der Präsentation der Waren.

Dem steht – anders als der Betriebsrat meint – nicht entgegen, dass einige der von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Warenserviceteam auszuübenden Tätigkeiten Teil der Berufsausbildung zum Verkäufer/Kaufmann im Einzelhandel nach der VerkEHKflAusbV sind. Die für den Beruf des Verkäufers/Kaufmanns im Einzelhandel prägende Verkaufstätigkeit führen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Warenserviceteam gerade nicht durch. Soweit der Betriebsrat auch in der Rechtsbeschwerdebegründung behauptet, diese seien „überwiegend“ mit Verkaufsgesprächen und Beratung beschäftigt, entspricht dies nicht den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Eine zulässige Verfahrensrüge hat der Betriebsrat nicht erhoben. Darüber hinaus besteht nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts eine Weisung der Arbeitgeberin an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Warenserviceteam, keine Beratungs- und Verkaufsgespräche zu führen. Falls derartige Tätigkeiten dennoch vertragswidrig ausgeübt werden sollten, wären sie für die Einordnung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht von Bedeutung.

Bei der Tätigkeit im Warenserviceteam handelt es sich um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

Für die Einreihung der gewerblichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Lohnstufen ist die überwiegend auszuübende Tätigkeit maßgebend. Das ergibt sich zwar nicht aus § 11 Nr. 6 MTV, da die Vorschrift sich nicht auf gewerbliche Arbeitnehmer, sondern – anders als zB § 11 Nr. 1 und Nr. 4 MTV – ausdrücklich nur auf Angestellte bezieht. Für die gewerblichen Arbeitnehmer fehlt es an einer Regelung zur maßgebenden Tätigkeit. Es handelt sich aber um einen allgemein anerkannten Grundsatz des Eingruppierungsrechts, dass sich die auszuübende Tätigkeit eines Arbeitnehmers aus verschiedenen Teiltätigkeiten mit unterschiedlicher tariflicher Wertigkeit zusammensetzen kann.

Für die Feststellung, ob ein Arbeitnehmer eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit ausübt oder ob seine Tätigkeit aus mehreren jeweils eine Einheit bildenden und gesondert zu bewertenden Teiltätigkeiten besteht, sind die gesamten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wobei vorrangig auf die Arbeitsaufgabe abzustellen ist. Von einer Gesamttätigkeit ist auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer eine einheitliche, nicht weiter trennbare Aufgabe übertragen ist oder wenn zwischen den ihm übertragenen Aufgaben ein sachlicher Zusammenhang besteht. Dagegen sind tatsächlich getrennte und nicht im Zusammenhang stehende Tätigkeiten als Teiltätigkeiten getrennt zu bewerten.

Danach handelt es sich vorliegend um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit. Die von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern im Warenserviceteam auszuübende Tätigkeit dient dem Ziel, die Warenbestückung und -präsentation in den Verkaufsräumen sicherzustellen und stets in dem vorgegebenen Zustand zu erhalten. Mit der Schaffung der Warenserviceteam wurden unter anderem Tätigkeiten, die zuvor im Verkauf beschäftigte Arbeitnehmer verrichteten, herausgelöst und mit anderen zu einer neuen Tätigkeit mit einem eigenen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst. Diese umfasst alle hierfür erforderlichen Arbeitsschritte vom Zeitpunkt der Warenannahme bis zum Verkauf. Die Arbeitnehmer übernehmen nach Anlieferung den Transport der Ware in die Verkaufsräume, die dortige Präsentation sowie im Folgenden deren Erhalt in verkaufsfähigem Zustand durch Ordnen und Sortieren nebst der Entsorgung von Bügeln und Verpackungen. Auch die Bearbeitung von Retouren, Rücklieferungen und Umlagerungen gehört zu diesem einheitlichen Tätigkeitsbild, da sie das Ziel hat, aktuell nicht benötigte Waren wieder aus den Verkaufsräumen zu entfernen.

Das Landesarbeitsgericht ist aber rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Tätigkeit im Warenserviceteam entspreche einer solchen nach Tätigkeitsgruppe I Lohnstufe 3 Alt. 2 des Tarifvertrags über Gehälter, Löhne, Ausbildungsvergütungen und Sozialzulagen für die Arbeitnehmer/-innen und Auszubildenden des Einzelhandels Baden-Württemberg (GLTV). Die Tätigkeit wird zwar durch die Funktionsbezeichnung „Packer/-innen, Lager, Versandarbeiter/-innen“ erfasst, es fehlt aber an einer (ausreichenden) Prüfung, ob die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit „schweren Arbeiten“ betraut sind.

Aufgrund der Struktur der tariflichen Regelungen hat die Eingruppierung über eine Annäherung an die im GLTV festgelegten Tätigkeitsgruppen und Lohnstufen zu erfolgen, wenn die Tätigkeit keiner der aufgelisteten Beispiele oder Oberbegriffe entspricht. Eine Tätigkeit ist dann der Tätigkeitsgruppe und Lohnstufe zuzuordnen, der sie am ehesten entspricht.

Der GLTV enthält – anders als für die Beschäftigungsgruppen – nicht für alle Tätigkeitsgruppen und Lohnstufen allgemeine Tätigkeitsmerkmale mit angefügten Tätigkeitsbeispielen. Die Lohnstufen werden überwiegend durch die Aufzählung von Beispielen ausgefüllt. Den Regelungen des GLTV lässt sich jedoch entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien – entgegen der Auffassung des Betriebsrats – dennoch auch hinsichtlich der gewerblichen Arbeitnehmer eine sämtliche Tätigkeiten erfassende Vergütungsordnung schaffen wollten. Nach § 11 Nr. 1 MTV werden „die“ – mithin alle – Angestellten in Beschäftigungsgruppen, „die“ gewerblichen Arbeitnehmer in Lohnstufen eingereiht. Bei MTV und GLTV handelt es sich um Branchentarifverträge, die die Vergütung für alle in der Branche tätigen Arbeitnehmer einheitlich regeln wollen.

Aus dem Vollständigkeitsanspruch ergibt sich, dass die im GLTV ohne allgemeine Tätigkeitsmerkmale vorgesehenen Berufsbilder keine abschließende Regelung enthalten. Soll die Tätigkeit aller gewerblichen Arbeitnehmer, und damit auch derjenigen erfasst werden, die keine den Berufsbildern exakt entsprechende Tätigkeit ausüben, kann die Aufzählung der Berufsbilder lediglich als wertungsmäßige Einordnung dieser und damit vergleichbarer Tätigkeiten verstanden werden. Die Berufsbilder sind daher keine „klassischen“ Tätigkeitsbeispiele. Vielmehr sind ihnen auch Tätigkeiten zuzuordnen, denen sie nicht vollständig entsprechen, aber im Vergleich zu den anderen Beispielen am nächsten kommen. Dieses Verständnis wird durch die historische Entwicklung bestätigt. Die Tarifvertragsparteien haben die Lohnstufen des GLTV seit den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nur geringfügig geändert, im GLTV vom 26.05.1992 entsprachen die Lohnstufen bereits den auch im derzeit gültigen GLTV vereinbarten. Im Hinblick auf die sich verändernde Arbeitswelt und den sich daraus ergebenden Wandel auch für die Tätigkeit gewerblicher Arbeitnehmer hätten die Tarifvertragsparteien die Lohnstufen anpassen müssen, wenn sie „echte“ Tätigkeitsbeispiele hätten vereinbaren wollen. Anderenfalls wäre nicht gewährleistet, alle Arbeitnehmer eingruppieren zu können.

Die Tätigkeit im Warenserviceteam kommt derjenigen eines Packers, Lager- oder Versandarbeiters am nächsten. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind für die Warenvorbereitung, Tätigkeiten im Lager und (Pack-)Tätigkeiten im Zusammenhang mit vorbestellten Waren zuständig. Aufgrund der Komplexität der Aufgaben kommt eine Zuordnung zu den lediglich einzelne Tätigkeiten beschreibenden Beispielen „Gewerbehilfen mit einfacher Tätigkeit im Verkauf, Etikettierer/-innen, … Packer/-innen am Packtisch“ nicht in Betracht.

Das Landesarbeitsgericht hat aber nicht ausreichend geprüft, ob die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Warenserviceteam „schwere Arbeiten“ auszuüben haben. Es ist davon ausgegangen, eine schwere Arbeit im tarifrechtlichen Sinne sei nicht zu erkennen. Diese Ausführungen werden allerdings von seinen Feststellungen nicht getragen. Aus dem Sachvortrag der Beteiligten ergaben sich Anhaltspunkte, aufgrund derer eine eingehende Prüfung erforderlich gewesen wäre.

Nach § 83 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gilt für das Beschlussverfahren ein eingeschränkter Amtsermittlungs- bzw. Untersuchungsgrundsatz. Das Gericht hat die Tatsachen zu erforschen, die nach seiner Ansicht in Bezug auf den Verfahrensgegenstand entscheidungserheblich sind. Es ist damit dafür verantwortlich, dass die Entscheidung auf einem zutreffenden und vollständig aufgeklärten Sachverhalt beruht. Diese Aufklärungspflicht zwingt das Gericht aber nicht zu einer unbegrenzten Amtsermittlungstätigkeit und Beweisaufnahme. Liegt ein entsprechender Sachvortrag vor, ist der Sachverhalt in die Richtung, die hierdurch aufgezeigt wird, zu überprüfen. Zur Aufklärungspflicht gehört auch die Ermittlung von Tatsachen, die bisher von keinem Verfahrensbeteiligten in das Verfahren eingeführt worden sind, soweit sie für die Entscheidung über den gestellten Antrag von Bedeutung sind. Das Gericht kann von einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung erst absehen, wenn entscheidungserhebliche Tatsachen von einem der Verfahrensbeteiligten vorgetragen worden sind, sie nicht wirksam bestritten wurden und sich überdies keine Zweifel an ihrer Richtigkeit aufdrängen.

Nach diesen Grundsätzen hätte für das Landesarbeitsgericht Veranlassung für eine Prüfung bestanden, ob die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Warenserviceteam schwere Arbeiten iSd. Tätigkeitsgruppe I Lohnstufe 4 Alt. 2 GLTV auszuüben haben. Hierzu hat zwar keiner der Verfahrensbeteiligten Sachvortrag erbracht. Beide Beteiligten haben sich aber auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 23.01.2019 bezogen, die eine Eingruppierung von Mitarbeitern im Warenserviceteam bei der Arbeitgeberin in Nordrhein-Westfalen zum Gegenstand hatte. Der dortige Betriebsrat hatte seine Zustimmung zur Umgruppierung der Mitarbeiter verweigert, weil diese seiner Auffassung nach „in der Regel körperlich schwere Arbeit“ zu erledigen hatten. Die Anträge auf Zustimmungsersetzung wurden – unter Auswertung der Tätigkeitserhebungen der Beteiligten – abgewiesen. Zur Begründung stellte das Bundesarbeitsgericht auf die bei der Tätigkeit anfallenden Greif- und Hebevorgänge, die erforderlichen Zwangshaltungen und das Gewicht der zu bewegenden mit Kleidungsstücken befüllten Rollstangen ab. Aufgrund der zumindest großen Ähnlichkeit der auszuübenden Tätigkeiten konnte ersichtlich auch vorliegend von Bedeutung sein, wie „schwer“ die Tätigkeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Warenserviceteam sind.

Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin konnte das Landesarbeitsgericht nicht von einer Prüfung der „schweren Arbeiten“ absehen, weil der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung nicht auf diese Frage gestützt hatte. Ein Nachschieben von Zustimmungsverweigerungsgründen nach Ablauf der Wochenfrist ist im Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG zwar grundsätzlich unzulässig. Dies gilt aber nur für Gründe tatsächlicher Art sowie für die Einführung anderer Widerspruchsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG, nicht für rechtliche Argumente. Vorliegend hat der Betriebsrat in seinem Widerspruchsschreiben gerügt, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seien nicht in Tätigkeitsgruppe I Lohnstufe 3 Alt. 2 GLTV, sondern in Beschäftigungsgruppe II GLTV eingruppiert. Er hat damit die durch die Arbeitgeberin vorgenommene Eingruppierung ausreichend infrage gestellt. Auf bestimmte rechtliche Argumente, aufgrund derer die Eingruppierung fehlerhaft sein könnte, musste er sich nicht festlegen.

Ob die Zustimmungsersetzungsanträge in der Sache begründet sind, kann das Bundesarbeitsgericht nach § 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG iVm. § 563 Abs. 3 ZPO nicht selbst entscheiden. Es fehlt an den erforderlichen Feststellungen zur „Schwere“ der Tätigkeit im Warenserviceteam. Ohne diese kann nicht beurteilt werden, ob eine Einreihung in Tätigkeitsgruppe I Lohnstufe 4 Alt. 2 GLTV in Betracht kommt. Das Landesarbeitsgericht wird bei der erneuten Anhörung und Entscheidung diese Prüfung aufgrund des noch nach § 83 ArbGG von Amts wegen zu ermittelnden Sachverhalts durchzuführen und dabei Folgendes zu beachten haben:

Das Merkmal der „schweren Arbeit“ ist als „körperlich schwere Arbeit“ zu verstehen. Das ergibt sich zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut. „Schwer“ kann nicht nur als „von großem Gewicht“ und „große körperliche Anstrengung, großen Einsatz erfordernd“ sowie „hart“ und „mühselig“, sondern auch als „einen hohen Schwierigkeitsgrad aufweisend“, „schwierig“ und „nicht leicht zu bewältigen“ verstanden werden. Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich aber, dass „körperlich schwere Arbeiten“ gemeint sind. Die Lohnstufen beziehen sich auf gewerbliche Arbeitnehmer (§ 11 Nr. 1 MTV). Für die Einreihung sind daher eher körperlich-mechanische als „geistige“ Tätigkeiten von Bedeutung. Zudem ist die Qualifikation „für schwere Arbeiten“ nur für Packer, Lager- und Versandarbeiter vorgesehen. Für diese liegt eine „körperlich schwere Arbeit“ deutlich näher als eine „schwierige“ Arbeit.

Als körperlich schwere Arbeit ist danach eine solche zu verstehen, die körperlich mühsam, anstrengend, hart und ermüdend ist. Dabei kommt es nicht auf die reine Muskelbeanspruchung an. Es sind alle Umstände zu berücksichtigen, die auf den Menschen belastend einwirken und zu körperlichen Reaktionen führen. Neben der Muskelbeanspruchung können dies Faktoren wie eine ausschließlich stehende Tätigkeit, die notwendige Körperhaltung, taktgebundene, repetitive Arbeit, nervliche und sensorische Belastungen, Lärm und Umwelteinwirkungen und soziale Belastungsfaktoren sein.

Die Rechtsbeschwerde ist auch im Hinblick auf die Zustimmungsersetzungsanträge zur Eingruppierung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Kassenserviceteam begründet. Die zulässigen Zustimmungsersetzungsanträge der Arbeitgeberin sind unbegründet. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zu Recht verweigert.

Die Arbeitgeberin hat die Zustimmungsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet. Sie hat den Betriebsrat über die beabsichtigten personellen Einzelmaßnahmen unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen informiert. Der Betriebsrat hat seine Zustimmung form- und fristgerecht nach § 99 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG verweigert. Er hat jeweils Gründe genannt, die es als möglich erscheinen lassen, dass die Zustimmungsverweigerungen berechtigt erfolgten.

Bei der Einreihung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Beschäftigungsgruppen des GLTV handelt es sich nicht nur bei den neu eingestellten, sondern auch bei den ins Kassenserviceteam versetzten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern um nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Eingruppierungen. Nach Auffassung der Arbeitgeberin sind diese weiterhin nach Beschäftigungsgruppe II GLTV zu vergüten, sodass ein Zustimmungsersuchen zu einer erneuten Ein- und nicht Umgruppierung vorliegt.

Bei dem GLTV handelt es sich aufgrund der Tarifgebundenheit der Arbeitgeberin um die im Betrieb geltende Vergütungsordnung iSv. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.

Die Tätigkeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Kassenserviceteam sind entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht nach Beschäftigungsgruppe II GLTV zu vergüten. Die nach § 11 Nr. 2 und Nr. 6 MTV maßgebende überwiegend auszuübende Tätigkeit entspricht nicht dem Tätigkeitsbeispiel „Kassierer/-innen mit einfacher Tätigkeit“ iSd. Beschäftigungsgruppe II GLTV, sondern erfüllt die Anforderungen „Kassierer/-innen mit gehobener Tätigkeit, z.B. an Etagenkassen“ iSd. Beschäftigungsgruppe III GLTV.

Für die Eingruppierung ist die überwiegend ausgeübte Tätigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer maßgebend. Nach § 11 Nr. 6 MTV gehen die Tarifvertragsparteien davon aus, dass sich die ausgeübte Tätigkeit aus verschiedenen Teiltätigkeiten unterschiedlicher Beschäftigungsgruppen zusammensetzen kann. Die so bestimmte Gesamt- oder die Teiltätigkeiten sind dann tariflich (gesondert) zu bewerten. Dies gilt auch für die Erfüllung von Tätigkeitsbeispielen. Ein solches kann sich immer nur auf eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit oder eine Teiltätigkeit beziehen.

Bei der Tätigkeit im Kassenserviceteam handelt es sich um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit, die auf eine effiziente und professionelle Abwicklung an der Kasse abzielt. Diesem Ziel dienen neben den während des eigentlichen Kassiervorgangs auszuübenden Tätigkeiten auch die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen (zB Versorgung der Kasse mit Wechselgeld, Kassenabrechnung, Beschaffung von Verbrauchsmaterialien). Ebenso sind die zu bearbeitenden Warenrückgaben dieser Gesamttätigkeit zuzuordnen, da sie organisatorisch in den Kassiervorgang integriert und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einheitlich mit der Kassiertätigkeit ieS zugewiesen worden sind.

Die Tätigkeiten im Kassenserviceteam erfüllen das Tätigkeitsbeispiel „Kassierer/-innen mit gehobener Tätigkeit, z.B. an Etagenkassen“.

Den in den Beschäftigungsgruppen jeweils ausdrücklich genannten Tätigkeitsbeispielen kommt gegenüber den allgemeinen Oberbegriffen der Tätigkeitsmerkmale eigenständige Bedeutung zu. Nach der Systematik des MTV sind die Erfordernisse der Tätigkeitsmerkmale regelmäßig erfüllt, wenn der Arbeitnehmer eine den Beispielen entsprechende Tätigkeit ausübt. Auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale ist nur dann zurückzugreifen, wenn das Tätigkeitsbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können oder wenn dasselbe Tätigkeitsbeispiel in mehreren Beschäftigungsgruppen auftaucht und damit als Kriterium für die höhere Beschäftigungsgruppe ausscheidet.

Der Begriff der Etagenkasse hat in der Rechtsterminologie keine fest umrissene Bedeutung. Auch eine branchenspezifische Vorstellung über seinen Inhalt und ein allgemeiner Sprachgebrauch lassen sich nicht feststellen. Der Wortlaut lässt darauf schließen, dass unter einer Etagenkasse eine Kasse zu verstehen ist, die räumlich für ein Stockwerk eines mehrere Etagen umfassenden Einzelhandelsbetriebs zuständig ist. Aus der Entstehungsgeschichte dieses Tätigkeitsbeispiels ergibt sich jedoch, dass der Etagenkasse neben ihrer räumlichen Zuständigkeit gegenüber den sonstigen Kassen weitergehende oder übergeordnete Funktionen zukommen müssen. Bezugspunkt der höheren Vergütung für die Arbeit an einer Etagenkasse ist deren übergeordnete Stellung in einer Art „Hierarchie der Kassen“ und nicht vorwiegend die räumlich-funktionelle Zuordnung zu den Warenangeboten einer Etage.

Dabei ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen nicht erforderlich, dass in dem betreffenden Einzelhandelsbetrieb auch „einfache“ Kassen vorhanden sind. Vergleichsmaßstab sind nicht die Verhältnisse in dem jeweiligen Warenhaus, sondern die tarifvertraglich vorgesehene Tätigkeit von „Kassierer/-innen mit einfacher Tätigkeit“. Tätigkeiten, die an sich „gehobene“ wären, werden nicht dadurch zu einfachen, dass die Arbeitgeberin sie von allen Mitarbeitern verlangt.

Nach diesen Grundsätzen haben die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Kassenserviceteam eine gehobene Tätigkeit an Etagenkassen auszuüben.

Sie sind an Kassen tätig, die räumlich nicht nur für eine bestimmte Etage, sondern sogar für das ganze Warenhaus zuständig sind. Auch wenn die räumliche Zuordnung allein für die Einordnung als Etagenkasse nicht entscheidend ist, ergibt sich bereits durch die Erweiterung des zu kassierenden Warensortiments nach der tariflichen Wertung eine gegenüber einer einfachen Kassiertätigkeit höhere Anforderung an die Tätigkeit. Dabei ist ohne Bedeutung, dass durch die bei der Arbeitgeberin genutzten Scanner die Erfassung aller Artikel des Warenhauses gleich verläuft. Die Tarifvertragsparteien haben ersichtlich auf die Größe des zu bearbeitenden Warenangebots, nicht auf die Art des Kassierens abgestellt. Soweit die Größe des Warenangebots nach Einführung des Tätigkeitsbeispiels durch den GLTV vom 11.03.1975 aufgrund technischer Weiterentwicklung der Kassensysteme ggf. tatsächlich an Bedeutung verloren haben sollte, hat dies unberücksichtigt zu bleiben. Die Gerichte dürfen Tarifnormen nicht wegen neuer technischer Entwicklungen einengend oder ausdehnend auslegen, wenn Wortlaut und Gesamtzusammenhang hierfür keine Möglichkeit bieten.

Darüber hinaus kommt den Kassen auch eine übergeordnete Funktion zu. An ihnen werden Warenrückgaben durchgeführt sowie unter anderem Kundenkarten erfasst, Rabattaktionen berücksichtigt und TAX Free-Belege erstellt. Dabei mag der Ablauf zB der Warenrückgaben im Einzelnen vorgegeben sein, die Tätigkeit geht dennoch (qualitativ) über eine einfache Kassiertätigkeit hinaus. Sie ist zum einen mit einer höheren Verantwortung verbunden und erfordert zum anderen die Kenntnis der durch die Arbeitgeberin erstellten Richtlinien zusätzlich zu den für die eigentliche Kassiertätigkeit erforderlichen Kenntnissen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Februar 2024 – 4 ABR 16/22