close
close

Neuer CEO Marco Tschanz präsentiert solide Halbjahreszahlen

Neuer CEO Marco Tschanz präsentiert solide Halbjahreszahlen

Marco Tschanz übernimmt den Bell-Konzern in solider Verfassung. Beim Aktienkurs gibt es aber Potenzial nach oben.

Die Fleischproduktion ist das Kerngeschäft von Bell – aber mittlerweile bietet das Unternehmen auch viele Convenience-Produkte an.

Die Fleischproduktion ist das Kerngeschäft von Bell – aber mittlerweile bietet das Unternehmen auch viele Convenience-Produkte an.

Bei Bell, dem grössten Schweizer Fleischverarbeiter, endet eine Tradition. In den vergangenen 30 Jahren war stets ein ausgebildeter Metzger an der Spitze des Unternehmens gestanden. Jetzt ist der CEO erstmals ein Nicht-Metzger: Im Sommer hat Marco Tschanz die Geschäftsführung übernommen. Der 49-jährige ist ein Experte für Finanzen und IT, zunächst arbeitete er bei der Swisscom in verschiedenen Funktionen, bevor er 2014 Finanzchef des Bell-Konzerns wurde.

Dennoch galt Tschanz intern als logischer Nachfolger des abtretenden Lorenz Wyss. Tschanz kennt auch die operative Seite von Bell gut. Ab 2019 leitete er erfolgreich einen Turnaround des internationalen Fleischgeschäfts. Zudem führte er in den letzten Jahren den Geschäftsbereich Eisberg, der Fertigsalate herstellt und damit für ein zunehmend wichtiges Standbein der Bell-Gruppe steht – nämlich Convenience-Produkte.

Fleischproduktion verliert an Bedeutung

Marco Tschanz ist seit Juni 2024 CEO der Bell Food Group.

Marco Tschanz ist seit Juni 2024 CEO der Bell Food Group.

Georgios Kefalas / Keyston

Tschanz steht mithin für Kontinuität und Stabilität – das konnte er bei seinem ersten öffentlichen Auftritt am Dienstag bekräftigen. Die Halbjahreszahlen sind solide ausgefallen. Der Umsatz von Bell wuchs mit 4 Prozent etwas stärker als erwartet. Zwar fiel der Start in die Grillsaison in der Schweiz wegen Regens bis in den Juni hinein verhalten aus, aber das internationale Geschäft lief gut, und auch das Convenience-Geschäft entwickelte sich erfreulich. Bei einem Halbjahresumsatz von 2,3 Milliarden Franken erwirtschaftete Bell einen Betriebsgewinn (Ebit) von 64 Millionen Franken und einen Reingewinn von 45 Millionen Franken.

Unter Tschanz ist bei Bell keine Revolution zu erwarten. Das hat damit zu tun, dass der Konzern schon vor längerer Zeit erkannt hat, dass er neben der tiefmargigen Fleischverarbeitung weitere Standbeine braucht. Die Produktion von Frischfleisch und Charcuterie im Inland – wo der Mehrheitseigentümer Coop der wichtigste Absatzkanal ist – sowie im Ausland macht noch etwas mehr als 40 Prozent des Konzernumsatzes aus. Für jeweils knapp 30 Prozent stehen die Bereiche Geflügel und Seafood, wo Bell der grösste Anbieter in der Schweiz ist, sowie Convenience-Produkte wie Salate, Pasta und Suppen von Marken wie Hilcona, Eisberg oder Hügli.

An dieser Ausrichtung dürfte Tschanz festhalten. Das Fleischgeschäft bleibt wichtig – zumal der Fleischkonsum in der Schweiz zwar pro Kopf zurückgeht, aber wegen der stark wachsenden Bevölkerung in absoluten Zahlen weiter zunimmt. Gleichzeitig wird das Gewicht von Convenience ausgebaut, denn dieses Geschäft verspricht höhere Gewinnmargen.

Schwächelnder Aktienkurs

Eine Baustelle bleibt aber der Aktienkurs. Im Jahr 2016 hatte die Bell-Aktie einmal bei 400 Franken gestanden, seit einigen Jahren bewegt sie sich aber seitwärts bei rund 250 Franken. Ein Grund für die Zurückhaltung der Anleger dürfte sein, dass Bell derzeit viel in neue Fabriken investiert, was erst einmal auf den Gewinn drückt. Zudem dürfte für die Coop-Genossenschaft, der 69 Prozent der Bell-Gruppe gehören, die Aktienkursentwicklung nicht im Zentrum stehen. Dennoch wird von Tschanz erwartet, dass der Aktienkurs mittelfristig steigt. Sein Vorgänger Wyss sagte zum Abschied: «Momentan ist der Titel völlig unterbewertet.»