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Wenn das WLAN alles sieht

Wenn das WLAN alles sieht

Neal Patwari liegt in einem Krankenhausbett und kontrolliert sorgfältig seine Atmung. Um ihn herum stehen 20 drahtlose Transceiver – Kombinationen aus Sender und Empfänger – und halten Wache. Wenn Patwaris Brustkorb sich hebt und senkt, wogen elektromagnetische Wellen um ihn herum. Das ist nun über zehn Jahre her. Mit seinem Experiment hat er damals gezeigt, dass diese Wellen sein Atemmuster abbilden konnten. Inzwischen ist Patwari Professor an der Washington University in St. Louis.

Dieser Text ist zuerst in der Ausgabe 4/2024 von MIT Technology Review erschienen. Darin beschäftigen wir uns damit, wie wir uns besser für Katastrophen wappnen können. Hier könnt ihr die TR 4/2024 bestellen.

Einige Jahre später gründeten Forscher des MIT ein Startup, das Wi-Fi-Signale für die Sturzerkennung nutzen wollte. Sie hofften, damit Senioren helfen zu können, unabhängiger in ihren Wohnungen zu leben. Im Jahr 2015 schaffte es ihr Prototyp bis ins Oval Office: Zur Demonstration stolperte und fiel einer der Forscher vor Präsident Obama. Und Obama bezeichnete die Erfindung als „ziemlich cool“.

Neal Patwari atmet konzentriert inmitten seiner Transceiver. Aus dem Muster der elektromagnetischen Wellen wollte er sein Atemmuster ableiten – die Grundlage für WLAN-Sensorik. (Foto: Neal Patwari)

Eine verlockende Idee: Dieselben Router, die das Internet ins Haus bringen, könnten auch die Bewegungen der Menschen darin erkennen. „Es ist wie der Nordstern für alles, was mit Umgebungssensorik zu tun hat“, sagt Sam Yang, Leiter des Startups Xandar Kardian. Eine Zeit lang, sagt er, „strömten die Investoren nur so heran“.

Intelligenteres WLAN hat auch seine Kehrseite

Neben der Gesundheitsüberwachung könnte WLAN Gebäude intelligenter machen und ihre Energieeffizienz erhöhen, indem es erfasst, in welchen Räumen sich Menschen gerade aufhalten. Aber das hat auch unübersehbare Kehrseiten: Genauso könnte jemand außerhalb Ihres Hauses feststellen, wann es leer steht, oder beobachten, was Sie im Inneren tun. Hinzu kommt, dass WLAN-Sensoren die physikalischen Eigenschaften der elektromagnetischen Wellen auswerten, nicht die verschlüsselten Daten, die Sie übertragen, wenn Sie Ihr WLAN für das Internet nutzen. Damit sind solche Sensoren eine neue Art von Datenschutzrisiko, für das Schutzmaßnahmen erst noch entwickelt werden müssen.

Präsident Barack Obama begrüßt Dina Katabi (li.) und ihren Studenten Zachary Kabelac (re.) im Oval Office, als diese ihren WLAN-Sensor vorstellen. (Foto: Massachusetts Institute of Technology)

Heute – fast ein Jahrzehnt später – gibt es allerdings immer noch kein kommerziell nutzbares WLAN-Gerät, das Atmung oder Stürze überwacht. 2022 stellte das Beleuchtungsunternehmen Sengled eine WLAN-Glühbirne vor, die angeblich beides kann – sie wurde nicht auf den Markt gebracht. Die Jungunternehmer, die Obama ihre Technik demonstriert haben, verwenden jetzt andere Funkwellen. Und das Start-up Asleep, das ursprünglich mit WLAN-Sensortechnologie den Atem überwachen wollte, verwendet stattdessen inzwischen Mikrofone. Auch Patwari gründete ein Unternehmen, aber, so sagt er, „wir wurden von Google überholt“.

Dennoch: WLAN ist allgegenwärtig und das macht es weiterhin zu einer attraktiven Plattform, auf der man aufbauen kann – zumal die Netzwerke immer robuster werden. Dank besserer Algorithmen und standardisierter Chipdesigns könnte es schon bald unsichtbar und unbemerkt unsere täglichen Bewegungen zu diversen überraschenden – und manchmal auch alarmierenden – Zwecken überwachen.

Besser schlafen mit KI

Eine Schlaferkennungsfunktion hat Google inzwischen realisiert. Sie ist in den Nest Hub integriert und erfasst Atmung, Schnarchen und Husten der Person, die am nächsten am Gerät schläft. Dafür nutzt Google allerdings kein WLAN, sondern einen Radarchip. Ansonsten ähnelt der Ansatz Patwaris stark: Zuerst werden winzige Bewegungen über die Reflexion elektromagnetischer Wellen erfasst. Dann entlockt KI diesen Bewegungen eine sinnvolle Aussage. Der größte Unterschied liegt in der Wellenlänge: Kürzere Wellen bieten mehr Bandbreite und damit mehr Genauigkeit; längere Wellen ermöglichen größere Entfernungen. Die Wellen, die von den meisten WLAN-fähigen Geräten ausgehen, sind zwischen 5 und 13 Zentimeter lang: Sie können eine große Fläche abdecken. Die Wellen von Googles Radarchip sind dagegen nur 5 Millimeter lang und liefern daher viel mehr Details. Um auch nur annähernd so präzise Informationen zu liefern, müssten WLAN-Sensoren die Wellen mehrerer Geräte kombinieren. Dann können sie Details mit Reichweite verbinden, ohne dass spezielle Radarchips oder Geräte wie Wearables erforderlich sind.

„Anfangs“, so Patwari, „war die WLAN-Auflösung ziemlich schlecht.“ Standorte konnten nur auf zwei Meter genau lokalisiert werden, und zwei Personen, die sich nebeneinander unterhielten, sahen wie eine Person aus. In den letzten zehn Jahren haben Forscher daran gearbeitet, aus den längeren Wellenlängen, die kommerzielle Router verwenden, mehr Informationen herauszuholen. Und sie setzen KI ein, um die Metadaten zu verstehen – Daten, die beschreiben, wie Wellen streuen oder absorbiert werden. „Vor sechzehn Jahren konnten wir gerade so sicher feststellen, dass eine Person vorbeigegangen war“, sagt Patwari. „Jetzt können wir das Laufmuster einer Person auswerten.“ Dennoch: Auch wenn die Wi-Fi-Sensorik immer detaillierter wird, ist die Zuverlässigkeit dieser Informationen nach wie vor zweifelhaft. „Das Signal ist einfach nicht sauber genug“, sagt Yang.

Im Krankenhaus und im Gefängnis

Und so wie KI die WLAN-Sensorik verbessert, fördert sie auch die Radarsensoren. Beispiel Inspiren: Ein Radarunternehmen, das in Krankenhäusern und Langzeitpflegeeinrichtungen arbeitet, kombiniert Radarinformationen mit Daten von Kameras, die über Betten angebracht sind, um Stürze zu erkennen. Das System zeigt dem Personal die Momente an, in denen gebrechliche Patienten am stärksten sturzgefährdet sind, etwa wenn sie aus dem Bett steigen.

Yangs Sensorfirma vertreibt ein von der FDA zugelassenes medizinisches Gerät, das die Herzfrequenz über Krankenhausbetten oder Gefängniszellen überwachen kann – dafür sind keine tragbaren Geräte erforderlich. Gefängnisse in Kentucky setzen das System bereits ein, um Überdosen und andere medizinische Notfälle zu verhindern.

In das Google Nest Hub ist ein Radarchip integriert, mit dem es über den Schlaf seiner Besitzer wachen kann.
Foto: Google

Und natürlich können solche Sensoren auch missbraucht werden: Patwari sorgte 2009 für die Schlagzeile „Wi-Fi-Signale können durch Wände sehen“, als die Technologie Bewegungen in einem anderen Raum erkannte. Im Januar 2023 legte die Carnegie Mellon University noch eine Schippe drauf und verwendete eine KI-Engine namens DensePose, um Körperformen aus WLAN-Signalen zu generieren. (Die Genauigkeit war allerdings alles andere als perfekt.) Radar, das Menschen durch Wände hindurch erkennt, gibt es allerdings bereits seit Jahren.

Radarerfassung von Personen setzen SWAT-Teams, der Grenzschutz, Such- und Rettungsteams und das Militär bereits ein. Und WLAN-Sensorik könnte solche stark eingeschränkten Radaranwendungen allgemein verfügbar machen – wenn auch in vielen Fällen mit geringerer Zuverlässigkeit.

Das Potenzial der WLAN-Sensorik ist erschreckend und bietet ganz neue Formen der Überwachung: Mit seinen längeren Wellen deckt Wi-Fi ein größeres Gebiet ab als Millimeterwellenradare. Da in der realen Welt der Kontext für Algorithmen schwer zu analysieren ist, arbeiten Forschende des MIT an Möglichkeiten, bekannte Nutzer wiederzuerkennen. Ein solches Tool könnte nicht nur Stürze von Bewohnern eines Hauses erkennen, sondern auch einen Einbrecher, während die Familie im Urlaub ist; je nach Einstellungen und Kontext könnte es auch einen Teenager identifizieren, der zu spät nach Hause kommt, Aktivisten, die eine Versammlung abhalten, oder – in Ländern, in denen strenge Gesetze für homosexuelle Menschen gelten – zwei Personen desselben Geschlechts, die in einem Bett schlafen.

Lebt Mama noch?

Im Moment nutzen kommerzielle Anbieter die Reichweite von WLAN, um sich auf die Heimsicherheit zu konzentrieren. Spence Maid, CEO des Wi-Fi-Sensorik-Unternehmens Origin Wireless, formuliert es so: „Ich sage es nur ungern, aber: ‚Lebt Mama noch?‘“

Bis vor anderthalb Jahren lebte Emily Nikolich, 96, allein in einer Wohnung in New Jersey. Jeden Tag schickten ihr ihre Enkelkinder neue Fotos auf eine App auf ihrem Tablet. Und während Emily ihre fünf Urenkel betrachtete, beobachtete sie ihr Sohn Paul Nikolich, 68, dabei: 2021 installierte er das WLAN-Überwachungssystem Hex Home von Origin Wireless in ihrer Wohnung. Fünf kleine leuchtende Scheiben, die mit Emilys Einverständnis in ihrem Haus angebracht wurden, halfen Paul dabei, ihre Position zu triangulieren. Die dazugehörige App verfolgt Emily nicht permanent, sondern nur die Bewegungen in der Nähe der Scheiben. Aber da sie allein lebte, war der Effekt derselbe: Paul konnte ihre täglichen Wege leicht beobachten.

Es war „eine Erleichterung“, sagt Paul, zu wissen, dass es seiner Mutter gut ging, auch wenn er unterwegs war und nicht anrufen konnte. Als Emily letztes Jahr in ein betreutes Wohnheim zog, kamen die Monitore mit ihr. Hex hat Emilys Routine gelernt; geschieht etwas Ungewöhnliches – bleibt sie zum Beispiel den ganzen Tag im Bett –, schickt es Paul einen Alarm. Bis jetzt hat er noch keinen bekommen. „Zum Glück geht es ihr wirklich gut“, sagt er.

In der Praxis tut sich WLAN-Sensorik noch schwer mit Details. Aber sie ist sehr gut darin, die Anwesenheit von Menschen zu erkennen, unabhängig von Wänden oder Möbeln. Laut Taj Manku, CEO von Cognitive Systems, liegt diese Genauigkeit „bei 100 Prozent“. Daher eignet sich WLAN-Sensorik hervorragend für das Energiemanagement (der Glühbirnenhersteller WiZ schaltet damit das Licht in leeren Räumen aus) und um Fehlalarme durch Haussicherheitssysteme zu verringern. Auch an Orten mit alternder Bevölkerung kann sie hilfreich sein. In Japan, so Maid, „klopfen die Postboten an die Türen und vergewissern sich, dass die Leute noch leben“. Ein in Okinawa ansässiges Unternehmen entwickelt einen Proof-of-Life-Service, der die Technologie von Origin nutzt.

Glühlampen, Steckdosen, Lautsprecher können zu Sensoren werden

Manku schätzt, dass mindestens 30 Millionen Haushalte bereits über eine Art von WLAN-Sensorik verfügen. Einer der neuen Fios-Router von Verizon ist bereits mit der „Human Presence Detection“ von Origin Wireless ausgestattet. Stationäre intelligente Gegenstände, die bereits im Netz sind – wie Glühbirnen, intelligente Steckdosen, Lautsprecher oder Google-Nest-Geräte –, können sofort zu Sensoren werden. Andere Internetdienstanbieter entwickeln ähnliche Angebote; Cognitive Systems arbeitet mit mehr als 160 solcher Anbieter zusammen. Im Januar dieses Jahres kündigte das Unternehmen an, dass seine Technologie bald in vielen der billigen smarten Steckdosen verfügbar sein wird, die etwa Amazon vertreibt. So können ihre Besitzer WLAN-Sensorik über ihre bestehenden Smart-Home-Apps von Google, Apple und Amazon nutzen.

Die WLAN-Sensorik-Unternehmen haben aber auch größere Kunden im Blick. Laut Manku könnte WLAN-Sensorik Feuerwehrleuten dabei helfen, Personen zu finden, die sich hinter zu dichtem Rauch befinden; intelligente Klimaanlagen könnten die Abschaltung verschieben, wenn jemand länger arbeitet. Belegungsdaten könnten Unternehmen helfen, ihre Büroflächen zu kalkulieren, und Daten über den Kundenverkehr könnten die Platzierung von Produkten in Geschäften beeinflussen. Aber um in diesen komplexen Szenarien nützlich zu sein, müsste WLAN viele Menschen genau zählen und lokalisieren können.

Jie Yang, ein Forscher an der Florida State University, zählt und lokalisiert Menschen – und verfolgt sie dann individuell. „Vor fünf Jahren konzentrierten sich die meisten Arbeiten auf einzelne Personen“, sagt Yang. „Jetzt versuchen wir, mehrere Personen ins Visier zu nehmen, etwa eine Familie.“ Jüngste Forschungsarbeiten fokussieren sich auf die Wiedererkennung von Zielpersonen, wenn mehrere Personen anwesend sind, und zwar anhand von Gehmustern oder der Atemfrequenz. In einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2023 zeigte Yang, dass es theoretisch möglich ist, Personen in neuen Umgebungen wiederzuerkennen. Aber damit das in der realen Welt funktioniert, und sei es nur für eine Handvoll Familienmitglieder oder Angestellte, brauchen die Forscher nicht nur bessere KI, sondern auch bessere Hardware.

Auftritt: 802 LAN/MAN Standards Committee

Und hier kommt noch einmal Emilys Sohn Paul ins Spiel: In den letzten 22 Jahren hatte Nikolich den Vorsitz einer undurchsichtigen, aber einflussreichen Gruppe innerhalb des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) inne: das 802 LAN/MAN Standards Committee, das die technischen Standards für die Kompatibilität von WLAN und Ethernet festlegt.

Im Jahr 2019 nahm Nikolich an einem IEEE-Dinner in Washington, D. C. teil. Ray Liu, Gründer von Origin Wireless und ehemaliger IEEE-Präsident, saß ihm gegenüber und diskutierte mit einem anderen Teilnehmer über WLAN-Sensorik. Nikolich begann zuzuhören. Er hatte schon seit der Erfindung von URLs darüber nachgedacht, wie man das Internet ver- und entkabeln könnte. Aber das hier war plötzlich etwas ganz anderes. „Ich war sehr aufgeregt“, sagt Nikolich.

Nikolich und Liu kamen ins Gespräch, und Nikolich sprach sich für einen Unterausschuss aus, der sich mit Wi-Fi-Sensorik befassen sollte. Seit 2020 arbeitet die 802.11bf-Task-Group für WLAN-Sensorik, die von Experten von Unternehmen wie Huawei und Qualcomm geleitet wird, an Standards für Chiphersteller, die die Wi-Fi-Sensorik erleichtern sollen. Wenn der neue Standard im Jahr 2025 herauskommt, wird er es „jedem Wi-Fi-Gerät ermöglichen, die Signalmessungen einfach und zuverlässig zu extrahieren“, sagt Yang. Das allein dürfte dazu beitragen, dass mehr WLAN-Sensorik-Produkte auf den Markt kommen.

Zu den längerfristigen Anwendungsfällen, die sich der Ausschuss vorstellt, gehören das Zählen und Auffinden von Personen in Häusern oder Geschäften, das Lokalisieren von Kindern, die auf dem Rücksitz eines Autos zurückgelassen wurden, und das Erkennen von Gesten, zusammen mit den langjährigen Zielen aus dem Gesundheitsbereich.

Zusätzliches Frequenzband für neue Wi-Fi-Geräte

Auch weitere IEEE-Komitees befeuern diese Entwicklung. Mit 802.11be, besser bekannt als Wi-Fi 7, das in diesem Jahr auf den Markt kommt, wird ein zusätzliches Frequenzband für die Nutzung durch neue Wi-Fi-Geräte geöffnet. Das bedeutet, dass den Algorithmen mehr Informationen über den Kanalstatus zur Verfügung stehen, mit denen sie spielen können. Außerdem werden mehr winzige Antennen auf jedem Wi-Fi-Gerät unterstützt, was den Algorithmen helfen dürfte, Positionen genauer zu triangulieren. Mit Wi-Fi 7, so Yang, könne die Erkennungsfähigkeit um eine Größenordnung verbessert werden.

Der in einigen Jahren erwartete Standard Wi-Fi 8 könnte ein weiterer Sprung in Bezug auf Detailgenauigkeit und Präzision sein. In Kombination mit fortschrittlicheren Algorithmen, so Yang, könnte Wi-Fi 8 es den Sensoren ermöglichen, nicht nur einige wenige, sondern 10 bis 20 Personen pro Router zu erfassen. Der Informationsaustausch zwischen Routern erlaube es dann, Personen zu zählen und zu verfolgen, etwa, wenn sie sich durch überfüllte Innenräume, wie in Flughäfen, bewegen.

Ein weniger verbreiteter Standard namens WiGig schließlich ermöglicht es Wi-Fi-Geräten bereits, im Millimeterwellenbereich zu arbeiten, der von Radarchips wie dem im Google Nest verwendet wird. Sollte sich dieser Standard jemals durchsetzen, könnten andere Anwendungen, die von der Wi-Fi-Sensing-Task-Group identifiziert wurden, kommerziell nutzbar werden. Dazu gehören das Wiedererkennen bekannter Gesichter oder Körper, das Identifizieren schläfriger Autofahrer, das Erstellen von 3D-Karten von Objekten in Räumen oder das Erfassen der Niesintensität (die Arbeitsgruppe hat sich schließlich im Jahr 2020 zusammengefunden).

Aber an einem Bereich arbeitet die IEEE nicht, zumindest nicht direkt: Datenschutz und Sicherheit. Im Moment, so Oscar Au, Vizepräsident bei Origin Wireless, IEEE-Fellow und Mitglied der Wi-Fi-Sensing-Task-Group, bestehe das Ziel darin, sich darauf zu konzentrieren, „zumindest die Sensing-Messungen durchzuführen“. Allerdings habe der Ausschuss über Datenschutz und Sicherheit diskutiert: „Einige Personen haben Bedenken geäußert, darunter auch ich.“ Der Ausschuss kam jedoch zu dem Schluss, dass er diese Bedenken zwar berücksichtigen müsse, sie aber nicht in seinen Aufgabenbereich fielen.

Elektromagnetische Wellen selbst sind unverschlüsselt

Wenn man Wi-Fi-Signale zum Senden von Daten verwendet, können die über die elektromagnetischen Wellen hin- und hergeschickten Informationen verschlüsselt werden. Aber die Wellen selbst sind da; sie sind nicht auf dieselbe Weise verschlüsselbar.

„Selbst wenn Ihre Daten verschlüsselt sind“, sagt Patwari, „könnte jemand, der vor Ihrem Haus sitzt, Informationen darüber erhalten, wo sich wer im Haus bewegt.“ Mit etwas Zeit, Geschick und der richtigen Ausrüstung könnten Tastatureingaben beobachtet, Lippen gelesen oder Schallwellen abgehört werden. Und mit einer ausreichend guten KI lassen sich diese Informationen interpretieren.

Überall dort, wo es Wi-Fi gibt, sind die Wände jetzt durchlässiger. Noch sind die einzigen, die diese Art von Spionage betreiben können, Forschende – und Personen, die deren Ergebnisse reproduzieren können. Zur letzteren Gruppe gehören auch Regierungen, bestätigt Jie Yang. „Es ist wahrscheinlich, dass dies bereits geschieht“, sagt Yang. „Ich weiß nicht, ob sie es tatsächlich tun. Aber ich bin mir sicher, dass sie dazu in der Lage sind.“

Strategien gegen Spionage

Mehr als ein Jahrzehnt nach seinem ersten Versuch, Wi-Fi-Signale für Standortinformationen zu nutzen, versucht Patwari nun das Gegenteil: Kürzlich schloss er ein vom US Army Research Office gefördertes Projekt ab, in dem er Strategien entwickelte, um Rauschen und falsch-positive Ergebnisse in die Kanalzustandsinformationen einzubringen, damit es für unbefugte Geräte schwieriger wird, sie auszuspionieren. Die EU hat vor Kurzem ein Projekt namens CSI-MURDER (so genannt, weil es die Kanalstatusinformationen verschleiert oder tötet) gefördert. Es gibt viele Gründe, das Abhören zu verhindern. Zum Beispiel, so Patwari, möchte die US-Armee sicherstellen, dass sie auf einem Stützpunkt Wi-Fi zur Verfügung stellen kann, ohne dass das, was auf dem Stützpunkt passiert, von außen abgehört werden kann.

Viele Regierungen spionieren bereits ihre eigenen Bürger aus, darunter die USA und China – beides Zentren der Wi-Fi-Sensorik-Forschung. Für viele geht das größere Risiko für die Privatsphäre jedoch von den normalen Nutzern aus, nicht von staatlichen Lauschern.

Menschen über WLAN aufspüren zu können, wäre eine große Hilfe in Notfällen. Etwa, wenn die Helfer keine freie Sicht haben, wie bei starker Rauchentwicklung.
Foto: mauritius images / Dinodia Photos / Alamy

Palak Shah, Leiterin des Labors für soziale Innovation bei der National Domestic Workers Alliance, sagt, sie könne sich auch Vorteile für die WLAN-Erfassung vorstellen. „Lohndiebstahl ist ein sehr häufiges Problem in unserer Branche“, sagt sie. Ein Tool, mit dem Kindermädchen, Haushälterinnen oder Pflegekräfte nachweisen können, dass sie im Haus waren, könne dazu beitragen, dass sie ordnungsgemäß bezahlt werden. Aber, so sagt sie, „in der Regel werden solche Dinge am Ende gegen die Arbeitnehmer verwendet, selbst wenn die Möglichkeit besteht, sie zu ihren Gunsten zu nutzen“, und „diese inhärente Machtdynamik ist wirklich schwer zu durchbrechen“.

In anderer Hinsicht ist die Wi-Fi-Sensorik besorgniserregender als Kameras: Eine Nanny-Cam kann man erkennen, wenn man weiß, wonach man suchen muss. Aber Sie können nicht wissen, ob die intelligenten Glühbirnen einer anderen Person Sie überwachen – es sei denn, der Besitzer teilt es Ihnen mit. „Dies ist eine Technologie, die helfen kann, die Welt zu verändern und das Leben zu verbessern. Altenpflege, Sicherheit, Energiemanagement – alles“, sagt Liu. „Dennoch müssen wir als Gesellschaft eine rote Linie ziehen. Was auch immer diese rote Linie ist – es ist nicht meine Aufgabe, darüber zu entscheiden –, sie ist da und wir sollten sie nicht überschreiten.“

 

Autorin des Textes ist die US-Journalistin Meg Duff.

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