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Auch kleine Photovoltaik-Anlagen müssen zur Systemsicherheit des Stromnetzes beitragen – pv magazine Deutschland

Auch kleine Photovoltaik-Anlagen müssen zur Systemsicherheit des Stromnetzes beitragen – pv magazine Deutschland


Kleinere Photovoltaik-Anlagen unter 100 Kilowatt auf Dächern und an Balkonen leisten inzwischen einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz und zur kostengünstigen Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten. Kleine Anlagen bis 25 Kilowatt machen 90 Prozent der in Deutschland installierten Photovoltaik-Anlagen aus und liefern etwa 30 Prozent der Gesamtleistung aller Photovoltaik-Anlagen. Damit tragen sie signifikant zur wachsenden Solarstromerzeugung bei. Die installierte Leistung kleiner Anlagen bis 100 Kilowatt dürfte aktuell bereits über 60 Gigawatt betragen. (Quelle: pv magazine, Tagesspiegel Background).

Dieser enorme Ausbau kleiner Photovoltaik-Anlagen ist – neben großen Photovoltaik-Anlagen, der Windkraft und der Bioenergie – ein großer Erfolg des EEG. Es hat die Bürgerenergie und damit die Demokratisierung der Energieversorgung massiv vorangebracht. So erhalten Energiekunden zunehmend die Möglichkeit, sich aus der teuren Abhängigkeit der Energiekonzerne mit ihren klimaschädlichen Lieferungen von Kohle-, Erdgas- und Atomstrom sowie von Heizöl, Heizgas, Benzin und Diesel zu befreien.

Ein weiterer starker Ausbau kleiner Photovoltaik-Anlagen ist notwendig, kann jedoch ohne regelnden Zugriff der Netzbetreiber Netzsicherheitsprobleme schaffen, die gelöst werden müssen.

Die 60 Gigawatt Leistung dieser Anlagen, die unter die feste Einspeisevergütung fallen, tragen erheblich zur Stromversorgung Deutschlands bei. Zum Vergleich: An Wintertagen mit hoher Stromnachfrage liegt der Bedarf bei etwa 80 Gigawatt Wechselstrom, während er an Sommertagen, insbesondere an Feiertagen, deutlich unter 50 Gigawatt sinkt. Bei weiterem starkem Zubau – der absolut erforderlich ist – könnte es zukünftig Tage geben, an denen die gesamte Stromnachfrage nur durch kleine Photovoltaik-Anlagen gedeckt wird. Da diese Anlagen derzeit nicht geregelt werden können, könnten sie zu bestimmten Stunden im Sommer, insbesondere zur Mittagszeit, mehr Strom erzeugen, als insgesamt nachgefragt wird. Eine Abregelung wäre dann notwendig, um einen Blackout zu vermeiden. Aufgrund fehlender Technologie ist eine solche Abregelung durch die Netzbetreiber jedoch aktuell nicht möglich. Im Gegensatz dazu können größere Stromerzeugungsanlagen wie große Photovoltaik-Parks, Windkraft, Bioenergie, Wasserkraft, Kohle und Erdgas abgeregelt werden, da dies durch Vermarktung an der Börse oder die gleitende Marktprämie möglich ist. Kleine Photovoltaik-Anlagen hingegen können bis heute nicht abgeregelt werden.

Photovoltaik-Anlagenbetreiber könnten und sollten in Notsituationen selbst Verantwortung übernehmen, indem sie den erzeugten Strom zwischenspeichern oder bei vollen Netzen für eigene Zwecke nutzen, etwa in Ladestationen oder Wärmepumpen. Viele Betreiber verfügen jedoch nicht über die technischen Möglichkeiten und wissen nicht, wann genau sie dies tun sollten. Künftig müssen neugebaute Anlagen auch systemdienlich eingesetzt werden, insbesondere dann, wenn der Netzbetreiber signalisiert, dass das Netz ausgelastet ist.

Es gibt zahlreiche innovative Unternehmen, die diesbezüglich Dienstleistungen anbieten. Auf den jährlichen Tagungen der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Solarinitiativen (ABSI) konnten seit über zwei Jahrzehnten die hinter diesem Erfolg stehenden Pioniere und die neuen Ideen junger Innovatoren für Eigenverbrauch und systemsichere Netzintegration kleiner Solaranlagen vorgestellt werden. Auf der nächsten Jahrestagung der ABSI am 7. und 8. März 2025 in Wilpoldsried wird es wieder die Möglichkeit geben, zahlreiche Unternehmen und Initiativen zu treffen (Quelle: Solarinitiativen).

Der große Eigenverbrauch ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und kann sogar zur Sicherung der Netzstabilität beitragen.

Die vielen kleinen Photovoltaik-Anlagen, insbesondere mit Eigenverbrauch, leisten einen wesentlichen Beitrag zur Umstellung der gesamten Energieversorgung auf 100 Prozent Ökostrom. Sie ermöglichen es Hausbesitzern im Gewerbe und in Mietshäusern, auf Erneuerbare Wärme mit Wärmepumpen oder effizienter Infrarotheizung umzustellen. Im Verkehrssektor schaffen sie durch häusliche Ladestationen oder Steckdosen die Möglichkeit, private Mobilität mit Elektroautos, E-Scootern oder E-Bikes emissionsfrei zu gestalten und Unabhängigkeit von den Ölkonzernen zu erreichen.

Diese große Bedeutung der kleinen Photovoltaik-Anlagen war vor 20 Jahren für viele Menschen noch unvorstellbar. Heute sind wir an einem Punkt, an dem dieser Erfolg sichtbar ist, doch der Ausbau muss weitergehen.

Im ersten Halbjahr 2024 deckte Ökostrom den Nettostrombedarf bereits zu 65 Prozent – eine Zahl, die vor 20 Jahren von den etablierten Energieversorgern nicht für möglich gehalten wurde. Doch wirksamer Klimaschutz erfordert 100 Prozent Ökostrom möglichst bis 2030. Dafür ist ein beschleunigter Ausbau aller Erneuerbaren Energien notwendig. Eine starke EEG-Einspeiseförderung bleibt entscheidend, um Dachbesitzer zu motivieren, ihre Anlagen größer zu bauen, als der Eigenbedarf es erfordert.

Und tatsächlich: Immer mehr Menschen installieren heute Photovoltaik-Anlagen, die über den Eigenbedarf hinaus Strom produzieren, und speisen den Überschuss ein. Gleichzeitig installieren sie Heimspeicher in ihre Häuser, um ihren Eigenverbrauch zu erhöhen, wodurch ihre Energiekosten für Strom, Heizung und Mobilität weiter sinken. Der Stromüberschuss bei starker Sonneneinstrahlung zur Mittagszeit kann durch diese Speicher intelligent in die Abendstunden verlagert werden, wodurch das Netz entlastet wird – vorausgesetzt, die Speicher werden zu den richtigen Zeiten geladen und nicht schon in den Morgenstunden. Das Problem besteht jedoch darin, dass die kleinen Batteriespeicher an sonnenreichen Tagen oft bereits mittags vollgeladen sind und keinen weiteren Strom mehr aufnehmen können. Dadurch wird die überschüssige PV-Leistung genau dann ins Netz eingespeist, wenn eine Netzüberlastung droht.

Physikalische Grenzen sind zu beachten: Wenn in Deutschland mehr Strom ins Netz eingespeist wird, als verbraucht wird, droht die Netzstabilität und damit die Versorgungssicherheit gefährdet zu werden. Dies kann zu teuren negativen Strompreisen oder im schlimmsten Fall zu einem Blackout führen, den niemand will.

Der weitere Ausbau der kleinen PV muss nun auch die Netzstabilität beachten.

Im politischen Raum in Berlin ist das Problem erkannt und wird diskutiert. Insbesondere von der FDP wird eine Abschaffung der Förderung der Erneuerbaren Energien gefordert, auch im Zusammenhang mit der beschriebenen bevorstehenden Netzengpasssituation. Dies wäre verheerend und würde den bereits viel zu schwachen Klimaschutz in Deutschland endgültig torpedieren.

Es bedarf daher endlich Anreize des Gesetzgebers, dass alle Anlagenbetreiber, auch die mit kleinen Photovoltaik-Anlagen, nur dann Strom in das Netz einspeisen, wenn dieses auch über ausreichende Aufnahmekapazitäten verfügt. Die überwiegende Mehrheit des Jahres ist dies der Fall. Nur in kurzen Zeiträumen mit geringer Stromnachfrage und gleichzeitig hoher Sonnenstrahlung kann es zu einem Netzsicherheitsproblem werden.

Neue Vergütungssätze im EEG für systemdienliche Einspeisung sollten endlich eingeführt werden.

Ein Vergütungssatz, der systemdienliche Einspeisung belohnt, wäre dazu der optimale Anreiz für Neubau sowie die Umrüstung von Bestandsanlagen. Obwohl diese Forderung seit Jahren erhoben wird, ist sie bis heute nicht umgesetzt. Ich plädiere seit Jahren dafür, im EEG einen eigenen Vergütungssatz einzuführen, den ich als Kombikraftwerksvergütung bezeichne. (Quelle: Hans-Josef Fell)

Hilfreich wäre es auch, eine höhere Vergütung zu zahlen, wenn im Netz ein hoher Strombedarf besteht, und keine Vergütung zu gewähren, wenn das Netz aufgrund der Einspeisung von Ökostrom ausgelastet ist. Der Anlagenbetreiber sollte in diesen Fällen den Strom idealerweise zwischenspeichern, anstatt abzuregeln. So könnte er den Strom zu Zeiten höherer Vergütung wieder einspeisen und dadurch die finanziellen Verluste durch Abregelungen ausgleichen.

Wäre solches schon vor zehn Jahren eingeführt worden, hätten wir heute keinen Anlass, schnelle und hektische Maßnahmen zur Gewährleistung der Netzstabilität in Anbetracht des weiterhin stark steigenden Ausbaus kleiner Photovoltaik-Anlagen zu ergreifen.

Aufgrund der Versäumnisse der Merkel-Regierungen ist jetzt eine zügige Lösung erforderlich, die es den Netzbetreibern ermöglicht, auch neu gebaute kleine Photovoltaik-Anlagen von außen abzuregeln. Dies sollte selbstverständlich mit einer Förderung des Speicherbaus kombiniert werden, damit der abgeregelte Strom gespeichert und bei Eigenbedarf sowie in Zeiten hohen Netzbedarfs wieder genutzt werden kann. Auf diese Weise würde der Ausbau nicht behindert. Eine faire Ausgleichsregelung verlangt schon das Europa- und Verfassungsrecht.

Es gibt viele Möglichkeiten, auch die kleine Photovoltaik in die systemdienliche Netzeinspeisung einzubinden.

Zukünftig müssen wir also stärker unterscheiden zwischen den Zeiten, in denen wir weiterhin jede Kilowattstunde zusätzlichen Erneuerbare-Energien-Strom brauchen, und den zunächst nur sehr wenigen Stunden, in denen nicht mehr jede Kilowattstunde einen Nutzen für uns stiftet und im schlechtesten Fall sogar zu erheblichen Blackout-Schäden führen kann.

Zudem sind technische Maßnahmen wie die flächendeckende Installation von Smart Metern erforderlich, deren Rollout seit Jahren diskutiert wird, aber bisher nicht umgesetzt wurde. Besonders wichtig ist, dass eine Abregelung durch den Netzbetreiber nicht gleichzeitig zur Abschaltung der Eigenstromnutzung führt. Die Eigenstromnutzung muss jederzeit möglich sein, unabhängig von der Netzbelastung. Gedrosselt werden darf lediglich die Einspeisung von Photovoltaik-Strom in den wenigen Zeiten, in denen das Netz überlastet ist.

Ein möglicher Lösungsbeitrag für kleine Photovoltaik-Anlagen besteht in freiwilligen privaten Verträgen mit Stromhändlern an der Börse, die den Überschussstrom zu Zeiten vermarkten, in denen attraktive Erlöse erzielt werden können. Eine technische Voraussetzung dafür ist, dass der Anlagenbetreiber über einen Stromspeicher verfügt, der beispielsweise durch einen Smart Meter gesteuert werden kann. Die schleppende Digitalisierung stellt jedoch ein Sicherheitsrisiko dar. Angesichts der offensichtlichen Überforderung der Verteilnetzbetreiber mit der Digitalisierung und der Steuerung sollten die Übertragungsnetzbetreiber die nötigen Steuerbefehle erteilen, wenn die Situation es erfordert.

Der von der FDP in der Ampel vorgeschlagene Zwang zur Direktvermarktung für Anlagen mit einer Leistung zwischen 25 und 100 Kilowatt stellt einen aufwendigen Ansatz dar, da die Strommengen für die Direktvermarkter zu gering sind. Dies führt zu höheren Kosten und umständlichen Abläufen; es gibt jedoch auch smartere Lösungen. Prosumer, die sich systemdienlich verhalten, sollten belohnt werden, indem sie ihre Speicher auch für die Einspeicherung von Windstrom nutzen können. Darüber hinaus könnten durch bidirektionales Laden von E-Autos große Speichermöglichkeiten erschlossen werden, da diese bereits auf unseren Straßen unterwegs sind.

Ausgerechnet E.ON hat dazu eine aufschlussreiche Studie vorgestellt: „Unsere Potenzial-Analyse ergibt, dass eine solche Schwarmbatterie aus den aktuell schon zugelassenen Fahrzeugen rechnerisch bereits genug Strom speichern könnte, um 1,75 Millionen Haushalte zwölf Stunden lang mit Energie zu versorgen. Das zeigt, wie sinnvoll es ist, den ohnehin vorhandenen E-Auto-Akku nicht nur für das Fahren, sondern als integrierten Teil unseres Energiesystems zu nutzen.“ (Quelle: E.ON-Studie, Solarserver)

Damit könnten die Photovoltaik-Anlagenbetreiber zusätzliche Einnahmen generieren, ihre Kosten für das Elektroauto-Fahren deutlich reduzieren und im Winterhalbjahr Windstrom bei Stürmen einspeichern und bei Flauten wieder ausspeichern.

Zahlreiche technische Lösungen, einschließlich Stromspeicher und innovative Ansätze zur Digitalisierung, stehen bereit. Viele Unternehmen haben bereits neue Geschäftsmodelle entwickelt, um trotz der erheblichen witterungsbedingten Schwankungen in der Solar- und Windstromerzeugung die variierende Stromnachfrage im Netz jederzeit zu decken.

Diese Chancen zu nutzen, um auch neue wirtschaftliche Potenziale freizusetzen, ist eine bessere Strategie als der Vorschlag der FDP, die Förderung des EEG abzuschaffen oder gar einen Ausbaustopp zu verhängen.

Das Wirtschaftsministerium ist nun gefordert, einen gesetzlichen Vorschlag zu unterbreiten, der den Netzbetreibern einerseits die Möglichkeit gibt, neu gebaute Photovoltaik-Anlagen in den seltenen Fällen einer drohenden Netzüberlastung abregeln zu können, und andererseits Anreize für die Betreiber schafft, systemdienliche Investitionen zu tätigen, wie beispielsweise das bidirektionale Laden von eigenen Elektroautos.

— Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group. Er war 1998-2013 Mitglied des Bundestages für Bündnis/Die Grünen und ist Mitautor des Entwurfs des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von 2000. http://hans-josef-fell.de  —

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