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Gleichberechtigung: Warum es einen neuen Blick auf Care-Arbeit braucht

Gleichberechtigung: Warum es einen neuen Blick auf Care-Arbeit braucht

Für Kinder, Haushalt und Betreuung sind meist immer noch die Mütter zuständig. Sie arbeiten viele Stunden unbezahlt und werden dadurch systematisch benachteiligt. Warum wir einen neuen Blick auf (Sorge-)Arbeit brauchen, weshalb ohne die Väter wenig geht und wie neue Lebensarbeitszeit-Modelle für mehr Gerechtigkeit sorgen können.

Es fängt mit ganz harmlosen Fragen an. “Wie willst du das eigentlich mit Kind und Job machen?“ Die Freundin, die Schwiegermutter, die Kollegin erkundigen sich nebenbei, spätestens in der Schwangerschaft, oft schon vorher. Du. Nicht ihr! Das ist der Systemfehler. Kinderbetreuung und Haushalt sind hierzulande immer noch Frauensache. Ja, Väter sind heute viel engagierter als noch vor 30 Jahren. Sie begleiten ihre Partnerinnen zum Geburtsvorbereitungskurs, nehmen immer häufiger Elternzeit und gehen samstags zum Babyschwimmen und in den Kletterwald. Und in manchen Fällen sind die Männer auch komplett für den Familienalltag verantwortlich. Aber in der Regel übernehmen immer noch Frauen diese Jobs.

An einem normalen Wochentag verbringen Mütter mit kleinen Kindern zehn Stunden und 18 Minuten mit Sorgearbeit wie Kochen, Streit schlichten, Aufräumen, Kinder anziehen, verlorene Kuscheltiere suchen. Bei Vätern sind es vier Stunden und 18 Minuten, schlappe sechs Stunden weniger. Diese Lücke – der Gender Care Gap – hat sich in den vergangenen 20 Jahren nur moderat verkleinert. Was erstaunt, weil Mütter immer häufiger erwerbstätig sind. Das heißt: Viele gehen nicht nur x Stunden ihrem Job nach, sondern wuppen die Hausarbeit noch irgendwie nebenher. Kein Wunder, dass sie abends ausgelutscht ins Bett kippen.

Zerrissen zwischen Job und Familie

Einerseits wird Müttern gepredigt, dass es wichtig ist, beruflich dranzubleiben und möglichst viele Stunden zu arbeiten, um finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. Andererseits merken sie sehr schnell, wie schwierig es ist, 30 oder gar 40 Stunden pro Woche erwerbstätig zu sein und trotzdem Haushalt und Kinder zu versorgen.

Klar: Kitas und Schulen bieten zunehmend auch Früh- und Nachmittagsbetreuung an, das hilft. Aber Einkaufen, Waschen, Putzen, Betten beziehen, Vorlesen, Kinderklamotten kaufen, Baby baden – all das fällt ja weiterhin an und wird zu oft immer noch Frauen zugeteilt. Sie legen abends um elf Kinder-Shirts zusammen und packen morgens um sechs Kita-Rucksäcke. Nicht weil sie wollen, sondern weil es getan werden muss.

Verlockende Mini-Jobs

Angesichts dieser Realitäten wundert es nicht, dass sich die Mehrheit der Mütter für einen Teilzeitjob entscheidet. Zumal unser Steuersystem es über das Ehegattensplitting belohnt, wenn ein Elternteil (meist der Vater) Vollzeit arbeitet und der andere (meist die Mutter) in Teilzeit ein paar Euro dazuverdient. Das Tückische: Oftmals ist es für Familien finanziell attraktiver, wenn die Frau einen schlecht bezahlten Mini-Job annimmt, statt Teilzeit im gelernten Beruf weiterzumachen, bei dem Steuern und Sozialabgaben anfallen (siehe unten).

Doch Mini-Jobs führen in die Sackgasse. Sie sind krisenanfällig, es fehlen Karrieremöglichkeiten. Und so bleiben auch gut ausgebildete Frauen viele Jahre in der Zuverdienerinnen-Rolle gefangen, mit der die Erwartung einhergeht, dass sie den Haushalt schmeißen, die Kinder betreuen und später auch die kranke Oma pflegen.

Das hat gravierende Folgen: Mütter in Deutschland verdienen im Laufe ihres Erwerbslebens im Durchschnitt nicht einmal halb so viel wie Väter und bekommen nur halb so viel Rente ausgezahlt. Obwohl sie Tag für Tag eine Stunde mehr arbeiten als die Männer, wenn man den Beruf, die Kinderbetreuung, den Haushalt zusammenzählt. Nur wird diese Sorgearbeit in der Gesellschaft weder gesehen noch entlohnt. Dabei hat sie erheblichen Wert.

“Die nicht bezahlte Care-Arbeit in privaten Haushalten bildet die Basis unseres Wirtschaftssystems“, sagt die Ökonomin Professor Uta Meier-Gräwe, die an den Gleichstellungsberichten der Bundesregierung mitgearbeitet hat. Die klassisch männliche Erwerbsbiografie – 40-Stunden-Vollzeit, ohne Unterbrechungen – funktioniert nur, weil sich ein anderer Mensch um die Versorgung der Kinder, die Pflege von Angehörigen, die Einkäufe und den Haushalt kümmert. In Deutschland wird Jahr für Jahr 35 Prozent mehr unbezahlte als bezahlte Arbeit geleistet, hat das Statistische Bundesamt errechnet. Gäbe es für diese Arbeit den bescheidenen Lohn einer Hauswirtschafterin von 9,25 Euro, würde das Bruttoinlandsprodukt um fast 40 Prozent steigen. “Das ist eines der bestgehüteten Geheimnisse“, sagt Meier-Gräwe. Sie setzt sich schon lange dafür ein, den Wert von Care-Arbeit in der Gesellschaft besser abzubilden und endlich anzuerkennen, dass Menschen dafür Zeit brauchen. Wie das aussehen kann, dazu gibt es unterschiedliche Ideen.

Geld für Hausarbeit

Schon Anfang der 1970er-Jahre forderten Aktivistinnen in Italien, Hausarbeit zu entlohnen. Frauen, die den Laden zu Hause am Laufen hielten, stünden Sozialleistungen und Kindergeld als Gehalt zu. Die Logik dahinter: Was ein Preisschild trägt, hat in unserer Gesellschaft einen Wert. Frauen wären nicht länger vom Geld ihres Mannes abhängig und könnten auf Augenhöhe mit ihm agieren.

Die Soziologin Almut Peukert sieht diesen Ansatz skeptisch, weil sie fürchtet, dass er die Ungleichheit eher verschärft. “Auch heute noch gehen viele Menschen davon aus, dass Frauen besser für Sorgearbeit geeignet seien als Männer. Meine Vermutung ist: Wenn Care-Arbeit bezahlt würde, wären es wieder die Frauen, die zu Hause bleiben und dann für Mindestlohn die Familie versorgen, während die Männer Karriere machen“, sagt Peukert, die an der Universität Hamburg zur Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern forscht. “Wir müssen Strukturen schaffen, die es Frauen ermöglichen, gleichberechtigt erwerbstätig zu sein.“

Die Väter müssen ran

Ein Schritt dahin ist der Ausbau guter Kinderbetreuung. Aber viele Familien wollen ihre Kinder nicht von 7 bis 17 Uhr in Einrichtungen geben. Bleibt nur, dass die Väter mehr übernehmen. “Der Schlüssel zu einer höheren Erwerbsbeteiligung der Mütter liegt in der Arbeitsreduktion der Väter“, heißt es schon im Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2017, der von einer unabhängigen Kommission erstellt wurde. Die Mitglieder schlagen darin unter anderem vor, im Anschluss an das Elterngeld eine Familienarbeitszeit einzuführen. Wenn Mama und Papa beide mit je 80 bis 90 Prozent in den Job zurückkehren, soll der Staat pro Kopf zwei Jahre lang ein Familiengeld zahlen.

“Als Wissenschaftlerin würde ich sagen: Zweimal 80 Prozent funktioniert mit Familie. Als Mutter weiß ich, wie schwierig das ist“, sagt Peukert. Das Problem: Ermöglicht der Staat Eltern, die Arbeitszeiten noch stärker zu reduzieren, steigt das Risiko, dass Väter und Mütter beruflich auf dem Abstellgleis landen. Das muss sich ändern. Peukert findet: “Die Norm sollte nicht der Vollzeitverdiener sein, der jederzeit verfügbar ist, sondern Menschen, die Sorgearbeit leisten.“

Arbeit neu denken

Genau diesen Ansatz verfolgt das Optionszeitenmodell, das ein Team um die Soziologin Karin Jurczyk entwickelt hat. “Wir fanden alle bisherigen Modelle zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu starr, weil sie nicht anerkennen, dass es immer wieder Phasen im Leben gibt, in denen Familien mehr Zeit für sich brauchen, und es nötig ist, vorübergehend ganz aus dem Beruf auszusteigen oder die Arbeitszeit zu reduzieren“, sagt die langjährige Leiterin der Abteilung für Familienpolitik beim Deutschen Jugendinstitut. Das Optionszeitenmodell bietet diese Flexibilität.

Die Forschenden schauten sich an, wofür Menschen im Moment ihre Zeit verwenden und für welche Tätigkeiten sie gern mehr Freiräume hätten. Daraus errechneten sie, dass allen Menschen im Laufe ihres Erwerbslebens ein Zeitbudget von neun Jahren zur Verfügung stehen sollte, das sie – finanziell abgesichert – für die Betreuung eigener Kinder, die Pflege von nahestehenden Personen, Ehrenämter und für Weiterbildungen und zur Selbstsorge nutzen können.

Diese Auszeiten soll bezahlen, wer am meisten profitiert. Firmen müssten die Fortbildungen finanzieren, der Staat die Auszeiten für Kinderbetreuung, Pflege und Ehrenämter. “Schließlich nützt es der ganzen Gesellschaft, wenn Familien gut für ihre Kinder sorgen und sich Menschen für andere engagieren“, sagt Jurczyk. Weil das alles Kraft kostet, sieht das Optionszeitenmodell auch Phasen zur Erholung und Entfaltung vor, in denen Menschen zum Beispiel Teilzeit arbeiten, um weiteren Interessen nachgehen zu können. “Selbstsorge ist die Voraussetzung dafür, dass wir andere gut versorgen können“, davon ist Karin Jurczyk überzeugt. Die Zeiten für Selbstsorge sollen die Menschen selbst finanzieren. Wer wenig Geld hat, könnte durch ein Grundeinkommen vorübergehend unterstützt werden, um soziale Schieflagen zu vermeiden.

“Wir brauchen eine Umkehr von Ausnahme und Regel“, findet die Soziologin. Bisher werden Menschen bestraft, die beruflich kürzertreten, um ihre Kinder zu versorgen. Ökonomen sprechen von einem “unterbrechungsbedingten Humankapitalverlust“, der im Moment vor allem Frauen trifft – Stichwort Gender Pay Gap und Altersarmut. “Je normaler es aber wird, dass Menschen ihre Arbeitszeit unterbrechen, desto geringer die Stigmatisierung.“ In anderen Worten: Wenn nicht mehr nur Mütter in der Babyphase zu Hause bleiben und danach ein paar Jahre Teilzeit arbeiten, sondern Männer genauso regelmäßig im Job kürzertreten, haben Frauen weniger berufliche Nachteile. Und wenn mal Mama, mal Papa zu Hause ist, verteilt sich die Sorgearbeit fairer, was wiederum zur Gleichberechtigung beiträgt.

Sollen Unternehmen zahlen?

Bleibt die Frage, wie ein solches Modell bezahlt werden soll. Der Staat könnte mit seinen Steuereinnahmen Auszeiten für Kinderbetreuung und andere Sorgearbeiten finanzieren. Radikaler ist die Idee von feministisch orientierten Forscherinnen, dass Firmen auf ihre Gewinne eine Care-Abgabe zahlen. Der Gedanke dahinter: Unternehmen profitieren davon, wenn andere Menschen Kinder versorgen und Hausarbeit erledigen, weil ihre Beschäftigten so ungestört arbeiten können.

All das sind noch Gedankenspiele. Weder die Care-Abgabe noch das Optionszeitenmodell stehen auf der politischen Tagesordnung und werden in den nächsten Jahren umgesetzt. Aber es handelt sich um Vorschläge, die diskutiert und weiterentwickelt werden. “Wir dürfen nicht nur an einzelnen Schrauben drehen, sondern müssen Arbeit insgesamt neu denken“, findet Karin Jurczyk. “Und über allem steht die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir eigentlich leben?“

Lohnende Minijobs?

Eine verheiratete Mutter mit zwei Kindern, deren Ehemann 48 000 Euro im Jahr verdient, bekommt mit einem Mini-job (10,4 Stunden pro Woche, 10 Euro pro Stunde) 5400 Euro netto im Jahr. Beim Wechsel in einen regulären 20-Stunden-Teilzeitjob würde sich das Familieneinkommen um 893 Euro im Jahr erhöhen. Das macht gerade mal ein Plus von 74,50 Euro im Monat bei einer Verdoppelung der Arbeitsstunden – rechnet Ökonomin Uta Meier-Gräwe im “Handelsblatt“ vor.

App, die Augen öffnet

Mit der kostenlosen App “Who Cares“ könnt ihr stoppen, wie viel Zeit ihr mit Putzen, Kochen, Wäschewaschen oder Kinderbetreuung verbringt, und euch ausrechnen lassen, wie viel Geld ihr bei einer Bezahlung nach Mindest- oder Durchschnittslohn verdienen würdet. Sehr erhellend.

Lesetipp

Warum wir uns Sätze wie “Ich arbeite nicht, ich bin in Elternzeit“ sparen sollten und auch Mütter zu Hause ein Recht auf Feierabend haben, schildert das Buch “Wir sind doch alle längst gleichberechtigt!“ (Ullstein, 10,99 Euro) auf so unterhaltsame wie eindrückliche Weise.

Mega emanzipiert mit 400 Ü-Eiern

Über unsere Altersvorsorge sprechen wir Mütter nicht so gern, schon gar nicht mit unseren Männern. Sollten wir aber, findet ELTERN-Autorin Katrin Wilkens. Eine Wutrede

Schwestern, wir haben viel diskutiert: über #metoo, Quotenfrauen, Binnen-I und Gendersternchen. Und auch, wenn das alles total wichtige Themen sind – ich kann’s bald nicht mehr hören. Denn mich treibt gerade ein ganz anderes Thema um. Und dieses Thema heißt Rente. Oder besser: Frauenrente!

Ja, ich weiß, das hört sich nicht cool und kämpferisch an wie Gender Pay Gap. Oder Mental load. Wenn man “Rente“ sagt, kann man auch gleich seinen Beziehungsstatus bei Facebook ändern in: lebenslang Single.

Könnte Heidi Klum vielleicht mal ein Renten-GNTM machen? Und ganz ehrlich: Von einer modernen Aufwertung dieses Themas hätten mindestens 20 Millionen Frauen in Deutschland etwas. Glaubt ihr nicht? Dann lest diese Zahlen:

Die Standardrente in Deutschland beträgt rund 1500 Euro. Diese Rente bekommen aber nur Menschen, die 45 Jahre eingezahlt und durchschnittlich verdient haben. Die meisten Frauen schaffen das nicht, schon gar nicht, wenn sie Kinder großgezogen haben. So liegt ihre tatsächliche Durchschnittsrente in den neuen Bundesländern aktuell bei gut 1000 Euro, im Westen aber nur bei etwa 750 Euro, brutto! Jede vierte West-Rentnerin bekommt sogar nur 300 bis 600 Euro. Und die Aussichten werden nicht besser: 75 Prozent aller Frauen in der jetzigen Arbeitsgeneration haben später eine staatliche Rente von unter 400 Euro zu erwarten. Das las ich neulich in dem Buch der Frauenfinanzberaterin Madame Moneypenny alias Natascha Wegelin*.

400 Euro!! Was kann man denn, bitte schön, davon kaufen? Meine Tochter strahlt mich gerade an: “400 Überraschungseier, Mami, das ist doch voll viel.“

Ja, mein Kind. Wenn du mietfrei wohnst und außer Ü-Eiern nichts anderes essen willst – dann schon. Wenn du kein Auto fährst und niemals krank wirst. Selbst für eine Zahnreinigung, die du dringend nach den Ü-Eiern bräuchtest, ist dann kein Geld mehr da. Und falls du mich fragst, was ich dir zu Weihnachten oder zum Geburtstag schenke: Öh. Nischt. Kein Geld. Kommt auch keins wieder rein.

Ach, das ist doch alles noch so lange hin, sagt ihr, da muss man ja jetzt nicht so schwarzsehen. Vorsicht, schlimme Falle! Wir kümmern uns um alles Mögliche – shapen unseren Body, fasten im Intervall, optimieren unseren Life-Work-Flow, dekorieren unser Heim und fördern und beschulen unsere Kinder – aber viel zu selten denken die meisten von uns an die Zeit, in der uns das Fördern, Shapen, Optimieren nicht mehr so leicht von der Hand geht. Die Zukunft, Schwestern, wird düster aussehen, jedenfalls mit 400 Euro und vor allem: im Fall einer Trennung. Dann nämlich will uns nicht nur der Mann nicht mehr. Sondern ebenso wenig der Arbeitsmarkt. Das Fasten findet unfreiwillig ab der Monatsmitte statt. Und die Fahrt zu den Enkeln? Kostet leider 2,70 Euro Straßenbahn. Zu teuer.

War das früher besser? Nein, aber vielleicht berechenbarer: Die Frauen, die nicht arbeiten gingen, wurden in einer Ehe weiter von ihrem Ehemann versorgt. Es gab ein gemeinsames Konto. Man schloss Renten- und Lebensversicherungen für den (meist weiblichen) Teil der Wirtschaftseinheit ab, der wegen der Kinder die eigene Karriere drangab. Und nach einer Trennung gab es auch dann noch Ehegattenunterhalt, wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus waren.

Heute haben viele von uns getrennte Konten, und der Grundgedanke ist: Emanzipation heißt, dass man Geld verdient und für sich selber sorgen kann. Im Prinzip nicht schlecht. Wenn es denn im richtigen Leben funktionieren würde. Tut es aber oft nicht. Weil wir Mütter eben wegen der Kinder immer noch brüchigere Berufsbiografien haben als Väter, mehr Teilzeit arbeiten, weniger verdienen. Wir leben also in einem komischen Kulturvakuum: Einerseits sind wir mega emanzipiert erzogen und viele von uns gut ausgebildet – “Ein Mädchen kann das nicht“ wird man heute in keiner Kita mehr hören. Andererseits kümmern wir uns genauso wenig um unsere Altersvorsorge, wie das schon unsere Mütter nicht taten – die hatten aber damals wenigstens die allgemein akzeptierte Ausrede: Der Gatte regelt das schon, der macht das ja mit den Finanzen …

In Schweden sind Arbeitnehmer verpflichtet, einen Teil ihres Lohns in Aktienfonds anzulegen. In der Schweiz gilt schon seit Langem das Drei-Säulen-Modell (staatliche, betriebliche, private Rente) als Standard.

Wann also fangen auch wir deutschen Mütter endlich an, für dieses Grundrecht auf eine ordentliche Rente zu kämpfen? Wenn die Buntwäsche abgelaufen ist? Wenn die Kinder beim Seepferdchen-Abzeichen sind? Oder wenn wir uns ausrechnen, wie viel Monate wir nach Renteneintritt noch mit 400 Euro “überbrücken“ müssen? Unter uns: Es sind 320 Monate, wenn man von einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 83 Jahren ausgeht.

Und weil das eine ziemlich lange Zeit ist, liebe Mitmütter, kümmern wir uns endlich um unseren Rentenkram:

Machen wir am besten gleich nach der Hochzeit oder spätestens nach der Geburt des ersten Kindes mit unserem Liebsten ein Rentenausgleichsabkommen: Wenn ich mich – zeitweise hauptberuflich – um unseren Nachwuchs (oder später vielleicht um unsere alten Eltern) kümmere und neben der ganzen Care-Arbeit nur noch ein Mini-Job drin ist, zahlst du in meine Rentenkasse ein.

Verschieben wir die Rentenberatung nicht auf den Tag, an dem Weihnachten und Ostern zusammenfällt, sondern machen jetzt einen Termin aus, nicht morgen, nicht bald.

Fangen wir drittens noch in diesem Monat mit dem Sparen an: Das geht nämlich schon mit 25 Euro im Monat.

Wer heute selbst vorsorgt, muss seine Kinder später nicht damit stressen, dass Mama am Hungertuch nagt, weil sie ihr Geld und ihre Energie früher lieber in das Backen von Motivtorten für den Kindergeburtstag gesteckt hat – und nicht in börsengehandelte Indexfonds.

Hören wir also auf, uns auf Nebenschauplätzen rumzutreiben und darauf zu warten, dass unsere Männer eines Morgens aufwachen und sagen: Schatz, ich habe über deine Rente nachgedacht. So geht das nicht weiter … Denn, ha!, das wird nicht passieren. Und wenn wir an dieser Situation nichts ändern, werden sich auch unsere Töchter nicht trauen, das zu ändern. Und das wäre die schlimmste Botschaft überhaupt. Was für ein mieses Erbe würden wir hinterlassen!

Frauenarbeit?

Wie kam es eigentlich dazu, dass Frauen die Verantwortung für Haus und Kinder zugeschrieben wurde – und diese Arbeit so wenig wertgeschätzt wird? Das erklärt ein Youtube-Video der Uni Hamburg: “Wie arbeiten und leben wir? Und was hat das mit Geschlecht zu tun?“ Zehn spannende Minuten.

Katrin Wilkens hat als Mutter und freie Autorin den Kopf mit allem Möglichen voll. Aber sie sagt: Wir müssen auch an unsere Zukunft denken. Jetzt. Kümmern wir uns endlich um unseren Rentenkram! *”Wie Frauen ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen können“ (rororo, 10,90 Euro)

ELTERN