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Scheintot und lebendig begraben – wie man das zu verhindern suchte

Scheintot und lebendig begraben – wie man das zu verhindern suchte

Das Gemälde „Das übereilte Begräbnis“ (1854) des belgischen Malers Antoine Wiertz illustriert die Angst, lebendig begraben zu werden.

Das Gemälde «Das übereilte Begräbnis» (1854) des belgischen Malers Antoine Wiertz illustriert die Angst, lebendig begraben zu werden.Bild: Koninklijke Musea voor Schone Kunsten van België te Brussel, Wiertzmuseum

Daniel Huber
Daniel Huber

Die Grenze zwischen Leben und Tod ist nicht so einfach festzustellen. Lange Zeit war die Kontrolle von Puls, Herzschlag und Atmung das einzige Mittel, um einen Menschen für tot zu erklären. Die Gefahr bestand, dass der Scheintod (lateinisch Vita minima) genannte Zustand, in dem ein Mensch ohne Bewusstsein und erkennbare Lebenszeichen ist, nicht erkannt wurde. 1742 bemerkte der Pariser Anatom Jean Jacques Brunier in seiner Doktorarbeit:

«Die Anzeichen des Todes sind trügerisch. Ein jeder ist in Gefahr, zu früh und damit lebendig begraben zu werden. Einzig die Fäulnis zeigt den Tod an.»

Heute ist das Risiko, lebendig begraben zu werden, äusserst gering, denn die Diagnosemethoden der Medizin sind besser als früher. Noch vom 16. bis ins 19. Jahrhundert war jedoch die Angst, als Scheintoter begraben zu werden und dann im Grab aufzuwachen, ziemlich verbreitet – es gibt selbst eine eigene Bezeichnung dafür: Taphephobie (von griechisch taphos für «Grab» und phobos für «Furcht»).

Begrafenisdienaars te Rome zien dat Antonio Marlini die zij enige dagen tevoren in een gewelf hadden bijgezet toen schijndood geweest moet zijn (Bestattungsdiener in Rom sehen, dass Antonio Marlini, d ...

Bestattungsdiener in Rom sehen, dass Antonio Marlini, den sie einige Tage zuvor in einem Gewölbe beigesetzt hatten, nur scheintot gewesen sein muss, Stich von Jan Luyken, 1696.Bild: gemeinfrei

Legenden und tatsächliche Fälle

Völlig gegenstandslos war diese Furcht nicht; in Zeiten des Massensterbens, während Seuchen- und Kriegszügen, konnte es durchaus geschehen, dass in der Eile auch Menschen begraben wurden, die nicht wirklich tot waren. Auch in besseren Zeiten konnte es in sehr seltenen Fällen vorkommen, dass jemand für tot gehalten und beerdigt wurde, danach aber im Grab wieder zu sich kam und dann tatsächlich qualvoll starb – eine kaum erträgliche Vorstellung. Indizien dafür, dass jemand lebendig begraben worden war, fand man angeblich bei der Exhumierung oder Umbettung von Toten: Kratzspuren auf der Innenseite des Sarges oder Skelette, die in verdrehter Position im Grab lagen.

Berichte über solche Vorfälle sind zahlreich, aber mit erheblicher Vorsicht zu geniessen. Schon in der Antike gibt es Erzählungen von irrtümlichen Bestattungen, etwa jene über den oströmischen Kaiser Zenon, der laut einer Legende Ende des 5. Jahrhunderts beigesetzt wurde, nachdem er kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben hatte. Drei Tage lang seien danach Schreie aus seinem Sarkophag zu hören gewesen, doch die Kaiserin habe sich geweigert, das Grab öffnen zu lassen.

Im 6. Jahrhundert liess sich der irische Mönch Oran auf der Insel Iona lebendig begraben, um mit seinem Selbstopfer den Bau einer Kirche zu ermöglichen, der wie verhext nicht fortschreiten wollte. Drei Tage später liess Abt Columban ihn ausgraben, um sein Gesicht noch einmal zu sehen, wie die Legende erzählt. Doch Oran öffnete die Augen und versicherte seinen Mitbrüdern, im Jenseits habe er weder Himmel noch Hölle gesehen. Darauf schütteten die Mönche auf Columbans Geheiss schleunigst wieder Erde auf diesen Häretiker, um ihm den Mund zu stopfen.

Das Gesicht eines Mannes, das in den westlichen Kreuzbogen im Chor der Abtei von Iona eingemeisselt ist. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass es sich um St. Oran handelt, aber es scheint eine sehr gena ...

Das Gesicht eines Mannes, das in den westlichen Kreuzbogen im Chor der Abtei von Iona eingemeisselt ist. Es gibt allerdings keinen Hinweis darauf, dass es sich tatsächlich um Oran handelt.Bild: blog.historicenvironment.scot

Ein gewisser Matthew Wall aus Braughing in England wurde 1571 zu Grabe getragen, als die Sargträger stolperten und den Sarg fallen liessen. Dies führte zur Wiederbelebung von Wall, der darauf noch einige Jahre weitergelebt haben soll, wobei er jedes Jahr seine «Auferstehung» feierte. Und 1674 wurde Majorie Halcrow Erskine im schottischen Chirnside begraben, der Überlieferung nach mit wertvollem Schmuck. Noch am selben Tag soll der Küster das Grab geöffnet haben, um die Preziosen zu stehlen, doch Erskine war nicht tot. Sie lebte danach noch einige Jahre. Wie es dem diebischen Küster erging, wissen wir nicht.

Die «New York Times» berichtete 1885 über einen Mann namens Jenkins aus North Carolina, dessen Leiche bei der Exhumierung umgedreht angetroffen wurde. Ein Grossteil seiner Haare war ausgerissen, und an allen Seiten des Sarges fand man Kratzspuren. Sogar heutzutage kommt es trotz des medizinischen Fortschritts noch zu Fehlern bei der Feststellung des Todes. So 2014 im US-Staat Mississippi, als ein 78-Jähriger beim Bestatter im Leichensack aufwachte. Der Gerichtsmediziner hatte ihn für tot erklärt, weil er keinen Puls mehr feststellen konnte. Die Ursache für den Scheintod war womöglich der Herzschrittmacher, der stehenblieb, dann aber wieder weiterlief.

Postmortale Effekte

Der englische Sozialreformer, Impfgegner und Tierschützer William Tebb sammelte um 1905 Berichte von solchen Fällen. Die Liste ist beunruhigend: Er fand 219 Fälle von Beinahe-Lebendbestattungen, 149 tatsächliche Lebendbestattungen, 10 Fälle von Lebendsezierungen und 2 Fälle von Aufwachen während der Einbalsamierung (eine Technik, die den Verwesungsprozess der Leiche verzögert und vornehmlich in Nordamerika Usus ist).

William Tebb im Jahr 1905. 
https://en.wikipedia.org/wiki/William_Tebb#/media/File:William_Tebb_in_1905.jpg

Tebb im Jahr 1905. Er war einer der Gründer der London Association for the Prevention of Premature Burial.Bild: Wikimedia

Allerdings darf bezweifelt werden, dass alle diese Berichte wirklich tatsächliche Fälle von Lebendbestattungen beschrieben. Der Volkskundler Paul Barber hält die Zahlen für überschätzt und weist darauf hin, dass gewisse normale Effekte der Verwesung – etwa natürliche postmortale Muskelkontraktionen oder die Aufblähung des Körpers durch Fäulnisgase – irrtümlich für Lebenszeichen gehalten wurden.

In früheren Zeiten wurden Gräber zudem nicht so tief ausgehoben wie heute. Nach starken Regenfällen konnte es daher geschehen, dass Leichenteile oder Knochen an die Oberfläche gelangten, was zu Geschichten über wandelnde Tote führte. Mangelnde Kenntnis der Vorgänge im Körper nach dem Tod befeuerte die Fantasie, etwa bei Sarggeburten, die auftreten, wenn Gase im Bauch von toten Schwangeren Kontraktionen der Gebärmutter verursachen, die das tote Ungeborene austreiben.

Sarggeburt: Skelett einer Frau und eines Fötus in einem Grab bei Imola aus dem 7. oder 8. Jahrhundert. Der Fötus befand sich offenbar noch teilweise im Körper der Toten, wie aus der Anordnung der Knoc ...

Sarggeburt: Skelett einer Frau und eines Fötus in einem Grab bei Imola aus dem 7. oder 8. Jahrhundert. Der Fötus befand sich offenbar noch teilweise im Körper der Toten, wie aus der Anordnung der Knochen hervorging.Bild: A. Pasini et al., 2018/World Neurosurgery

Prominente Taphephobiker

Besonders im 18. und 19. Jahrhundert waren nicht wenige gebildete Personen Taphephobiker: Frédéric Chopin etwa, der seiner Nachwelt folgende Anweisung gab:

«Da diese Erde mich ersticken wird, beschwöre ich Euch, meinen Körper öffnen zu lassen, damit ich nicht lebendig begraben werde.»

George Washington bat darum, seinen Körper drei Tage lang aufzubahren, bevor er beerdigt werde. Und auch der Schriftsteller Edgar Allan Poe wurde von der Angst gepeinigt, lebendig begraben zu werden – was sich in seinem Werk niederschlug, etwa in der Horrorgeschichte «The Premature Burial» («Das vorzeitige Begräbnis»), in der der Protagonist unter Taphephobie leidet.

Illustration zu The Premature Burial von Edgar Allan Poe

Illustration zu Poes «The Premature Burial».Bild: gemeinfrei

Der Märchenautor Hans Christian Andersen wie der Unternehmer Alfred Nobel verfügten sogar, dass vor der Beisetzung ihre Pulsadern aufgeschnitten würden. Der letzte Absatz in Nobels Testament erwähnt dies ausdrücklich:

«Es ist mein ausdrücklicher Wunsch, dass nach meinem Tod meine Adern geöffnet werden, und wenn dies geschehen ist und kompetente Ärzte klare Anzeichen des Todes bestätigt haben, sollen meine Überreste in einem sogenannten Krematorium eingeäschert werden.»

Alfred Nobel, Fotografie vor 1896.
https://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Nobel#/media/Datei:Alfred_Nobel3.jpg

«Ausdrücklicher Wunsch»: Nobel wollte sicher tot sein, wenn er bestattet wurde.Bild: Wikimedia

Totenwache, Herzstich und Leichenhäuser

Zu den Massnahmen, die gegen die Gefahr einer Lebendbestattung ergriffen wurden, gehört vermutlich der Brauch der Totenwache, der zwar meist religiös begründet ist, aber zugleich in aller Regel verhindert, dass jemand vorzeitig begraben wird. 1756 verordnete die österreichische Monarchin Maria Theresia, dass ein Toter frühestens 48 Stunden nach Eintritt des Todes beerdigt werden dürfe. Zuvor war es üblich, Tote sofort zu bestatten. Im 18. Jahrhundert ging zudem die Pflicht, den Tod festzustellen und zu bestätigen, von den Pfarrern auf die Ärzte über.

Auch rabiatere Methoden waren gängig: In Österreich-Ungarn und bis 1900 in der Schweiz konnte man zu Lebzeiten den sogenannten Herzstich verfügen – dem Verstorbenen wurde dann nach der amtlichen Totenbeschau von einem Arzt ein Stilett ins Herz gestossen, damit der Tod sicher war. Für diese Methode entschied sich der österreichische Dramatiker Johann Nestroy, der in seiner letzten Verfügung schrieb:

«Das einzige, was ich beym Tode fürchte, liegt in der Idee der Möglichkeit des lebend begraben werdens. Die Todtenbeschau heisst so viel wie gar nichts, und die medizinische Wissenschaft ist leider noch in einem Stadium, dass die Doctoren – selbst wenn sie einen umgebracht haben – nicht einmal gewiss wissen, ob er todt ist.»

Herzstichmesser, um 1800.

Herzstichmesser, um 1800. Bild: Pathologisch-anatomische Sammlung, NHM Wien/Charite

Als sich die medizinische Erkenntnis durchsetzte, dass es sichere Zeichen des Todes gibt wie Totenflecken, wurden Leichenhäuser eingerichtet, in denen Tote mehrere Tage bis zur Bestattung aufbewahrt wurden. Das erste Leichenhaus wurde 1792 in Weimar auf Anregung des Arztes Christoph Wilhelm Hufeland gebaut, der sich eingehend mit dem Phänomen des Scheintodes befasst hatte.

Sicherheitssärge

Im Viktorianischen Zeitalter erreichte die Taphephobie einen Höhepunkt. Mittlerweile gab es eine auflagenstarke Presse, die Schreckensmeldungen nur zu gern verbreitete, und der Zeitgeist liebte morbide Literatur. Das positivistische 19. Jahrhundert ersann technische Erfindungen, um das Problem der Lebendbestattungen aus der Welt zu schaffen, Erfindungen, die in eigens ins Leben gerufenen Vereinen wie der London Association for the Prevention of Premature Burial diskutiert wurden.

Zu diesen Erfindungen zählen vornehmlich sogenannte Sicherheitssärge, die es einem irrtümlich Beerdigten erlauben sollten, die Bestattung zu überleben und die Aussenwelt zu alarmieren, etwa über Seile, mit denen Glocken über dem Grab geläutet werden konnten. Die meisten waren mit Atemrohren ausgestattet, manche enthielten auch einen Vorrat an Luft, Wasser und Nahrung. Andere hatten eine Glasscheibe, damit der Tote beobachtet werden konnte.

Dieser Entwurf aus dem Jahr 1887 für einen Sicherheitssarg mit einem Atemluftrohr stammt von Gael Bedl.

Dieser Entwurf aus dem Jahr 1887 für einen Sicherheitssarg mit einem Atemluftrohr stammt von Gael Bedl.Bild: gemeinfrei

Der erste dokumentierte Sicherheitssarg wurde auf Weisung von Herzog Ferdinand von Braunschweig vor seinem Tod im Jahr 1792 gebaut. Das Konstrukt hatte Luftlöcher und ein Fenster, um Licht hereinzulassen. In einer Tasche des herzoglichen Leichentuchs – in Widerspruch zur volkstümlichen Erkenntnis, dass das letzte Gewand keine Taschen habe – befanden sich zwei Schlüssel; einer für den Sargdeckel, den er so notfalls von innen öffnen konnte, und ein zweiter für die Tür der Gruft.

Der Pastor und Erfinder Benjamin Georg Pessler entwickelte 1798 ebenfalls einen Sicherheitssarg, den «leicht anwendbaren Beystand der Mechanik, um Scheintodte beym Erwachen im Grabe auf die wohlfeinste Art wieder daraus zu erretten». Er schlug vor, jeden Sarg mit einer Röhre auszustatten, durch die ein Seil den Leichnam mit einem Rettungswecker verbindet. Bewegt sich das Seil, läutet der Wecker über ein weiteres Seil umgehend die Kirchenglocke.

Der Pastor Benjamin Pessler entwickelte 1798 seinen "Leicht anwendbaren Beystand der Mechanik, um Scheintodte beym Erwachen im Grabe auf die wohlfeinste Art wieder daraus zu erretten." Er sc ...

Pesslers Entwurf.Bild: gemeinfrei

Allein in Deutschland wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehr als 30 solcher Sargkonstruktionen patentiert. Einer der Konstrukteure, ein gewisser Dr. Adolf Gutsmuth aus dem heutigen Sachsen-Anhalt, testete seinen Sicherheitssarg gleich mehrmals, indem er sich lebendig begraben liess. 1822 blieb er dem Vernehmen nach mehrere Stunden unter der Erde und verköstigte sich dabei an einer Mahlzeit aus Suppe, Bratwurst, Sauerkraut, Spätzle, Marzipan und Bier; zum Dessert gab es noch ein Stück Torte. All dies liess er sich durch ein Rohr in den Sarg reichen.

1829 entwickelte Johann Gottfried Taberger ein vielbeachtetes System von Sicherheitsröhren. Eine erste Röhre wurde am Kopfende des Sarges verschraubt. An Kopf, Hände und Füsse des Toten wurden Schnüre gebunden, die mit einer Glocke am oberen Ende der Röhre verbunden waren. Die geringste Bewegung löste diese Glocke aus. Gleichzeitig versorgte die Röhre den Sarg mit frischer Luft. Auf eine zweite Röhre am Fussende konnte der Totenwächter einen Blasbalg ansetzen, der bis zur Rettung des irrtümlich Begrabenen für Luftzirkulation innerhalb des Sarges sorgte.

Sicherheitssarg: Johann Gottfried Taberger entwickelte 1829 ein vielbeachtetes System der Sicherheitsröhren.

Tabergers Entwurf mit zwei Röhren. Bild: Charite/Staatsbibliothek zu Berlin/Preussischer Kulturbesitz

In Deutschland gab es in den 1820er-Jahren auch tragbare Grabkammern. Sie wurden über einem leeren Grab eingerichtet und mit einer Glocke versehen. Zudem erlaubte ein Fenster einen Blick ins Innere. Wächter hatten dann jeden Tag einen Blick in jede Kammer zu werfen und Lebenszeichen oder Anzeichen der Verwesung wahrzunehmen. Sollte die Glocke läuten, konnte der irrtümlich Bestattete sofort befreit werden; war hingegen die Verwesung unübersehbar, konnte eine Tür im Boden der Kammer geöffnet werden, worauf der Tote ins Grab fiel. Dieses wurde dann bedeckt, während die mobile Grabkammer wiederverwendet wurde.

Entwurf aus dem Jahr 1868 eines Sicherheitssargs von Franz Vester aus Newark, New Jersey.

Der Entwurf aus dem Jahr 1868 eines Sicherheitssargs von Franz Vester aus Newark, New Jersey. Dieses Modell sollte es einem irrtümlich Begrabenen erlauben, direkt aus dem Grab zu klettern, wenn er dazu in der Lage war, oder um Hilfe zu rufen, wenn dies nicht der Fall war. Bild: gemeinfrei

Christian H. Eisenbrandt liess 1843 den ersten Sicherheitssarg in den USA patentieren – den «lebenserhaltenden Sarg für zweifelhafte Todesfälle». Sein Modell enthielt eine gefederte Klinke, die über Stäbe mit dem Finger des Toten verbunden war. Bewegte sich der Wiedereerwachte, öffnete sich unverzüglich der Sargdeckel. Die runde Öffnung am Kopfende war mit einem perforierten Blech verschlossen, durch das permanent Luft in den Sarg gelangen konnte.

Christian H. Eisenbrandt liess 1843 den ersten Sicherheitssarg in den USA patentieren.

«Für zweifelhafte Todesfälle»: Eisenbrandts Modell eines Sicherheitssargs.Bild: gemeinfrei

Graf Michel de Karnice-Karnicki, ein Kammerherr des Zaren von Russland, patentierte noch 1897 einen Sicherheitssarg, den er nach sich selbst «Le Karnice» benannte. Sein Entwurf erkannte eine Bewegung im Sarg und öffnete ein Rohr, um Luft zuzuführen, während gleichzeitig eine Flagge gehisst und eine Glocke geläutet wurde. Das Modell erregte einiges Aufsehen; nachdem er es an einer Konferenz der französischen Gesellschaft für Hygiene präsentiert hatte, verfügten Tausende Franzosen testamentarisch, dass sie in diesem Sarg beigesetzt werden sollten.

Sicherheitssarg: Entwurf «Le Karnice» von Graf Michel de Karnice-Karnicki.

Entwurf «Le Karnice» von Graf Michel de Karnice-Karnicki.Bild: gemeinfrei

Eine Demonstration, bei der einer von Karnice-Karnickis Assistenten lebendig begraben worden war, ging allerdings schief, da das System der Signale ausfiel. Immerhin funktionierte der Atemschlauch, und der Assistent blieb am Leben. Danach war der Ruf des Sarges jedoch komplett ruiniert.

Ohnehin klang die Hysterie um die angeblich grosse Gefahr der Lebendbestattung im ausgehenden 19. Jahrhundert endgültig aus, und die Zeit der Sicherheitssärge war vorbei. Ihren Zweck erfüllt haben sie nie, wie es scheint – es gibt jedenfalls keine dokumentierten Fälle, in denen ein irrtümlich Begrabener aus einem Sicherheitssarg gerettet wurde.