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Hamburger Kunsthalle : Spektakuläres Geschenk für die Kunsthalle

Hamburger Kunsthalle : Spektakuläres Geschenk für die Kunsthalle

Oskar Piegsa © Florian Thoss für DIE ZEIT

Liebe Leserin, lieber Leser,

in
wenigen Wochen geht das Festjahr zum 250. Geburtstag von Caspar David
Friedrich zu Ende, da kann man noch mal dran erinnern: Das Gemälde
“Wanderer über dem Nebelmeer” war ein Geschenk
der Hamburger Bürgerinnen und Bürger an
ihre Kunsthalle. Auch der historische Bilderrahmen, in
dem das “Eismeer” neuerdings gezeigt wird, wurde durch Spenden finanziert. Und nun hat die Kunsthalle auf einen
Schlag 63 Werke der Gegenwartskunst bekommen.

Der
Schenker heißt Alexander Schröder. Er wohnt in Berlin, ist aber in
Hamburg aufgewachsen und begann in den Neunzigerjahren mit dem
Sammeln. Jetzt überlässt er einen Teil seiner Sammlung – darunter
Werke von Isa Genzken und Andreas Slominski – der Kunsthalle. Und
zwar, wie Schröder am Montagabend beim jährlichen Dinner
der Förderstiftung
der Hamburger Kunsthalle sagte: “ohne Bedingungen”.

So
eine Schenkung klingt natürlich erst mal, na ja, wie ein Geschenk.
Aber wenn Sie schon mal ein Geschenk annehmen mussten, das Ihnen
eigentlich zuwider war, dann wissen Sie: Schenken kann ein heikler
Vorgang sein. Das gilt umso mehr, wenn ein Museum beschenkt wird. Ein
Kunstwerk, das in eine Museumssammlung aufgenommen wird, muss
aufbewahrt, ausgestellt, gepflegt, beforscht und eventuell auch
verliehen werden. Es macht also viel Arbeit – und zwar tendenziell
für immer, denn Museen sollen ihre Sammlungen für die Nachwelt
bewahren.

Als
ich am Rande des Dinners den Kunsthallen-Direktor Alexander Klar
fragte, ob er schon mal eine Schenkung abgelehnt
habe, sagte er, ja, das komme vor. Dann nämlich, wenn seine
Sammlungsleiterinnen und Sammlungsleiter ihm sagten: “Nein, damit
können wir nichts anfangen.” Dann muss der Direktor ein Schreiben
aufsetzen, das halbwegs wertschätzend formuliert, aber doch eine
Zurückweisung ist.

Dieses
Schicksal blieb dem Sammler Alexander Schröder erspart. Alles habe
mit einer E-Mail begonnen, erzählt Brigitte Kölle, die in der
Kunsthalle für die Galerie der Gegenwart zuständig ist. Am 6.
August 2021 habe ihr Alexander Schröder vorgeschlagen, eine “größere
Schenkung / Präsentation mit Dir zu erarbeiten”. Schröder und
Kölle duzen sich, denn sie kennen einander schon viele Jahre.
Kuratorin Kölle sagt: “Es war sofort klar, dass wir Ja sagen.”
Direktor Klar sekundiert: “Unser gemeinsames Anliegen ist, dass wir
unsere Sammlung der Gegenwartskunst substanziell aufrüsten – und
Alexander Schröder ist ein eminenter Sammler der Gegenwart.”

Es
folgten mehrere Besuche von Brigitte Kölle in Berlin und Gespräche
mit dem Sammler. Dieser beschreibt den Prozess so: “Ich habe etwas
vorgeschlagen, dann entsteht ein Dialog, man zeigt Sachen, auch
solche, die man vielleicht gar nicht schenken wollte, und dann
schenkt man die doch.” Schröder gab der Kunsthalle also mehr, als
er ursprünglich wollte, und habe das bislang nicht bereut, sagt er.
Im Gegenteil: “Es ist leicht, Kunst zu kaufen, aber es macht viel
Arbeit, sie zu platzieren.”

So
wie Schröder es schildert, ist das Engagement eines ernsthaften
Kunstsammlers ein doppeltes: Zuerst unterstützt er Künstlerinnen
und Künstler finanziell durch seine Ankäufe. Und später noch
dadurch, dass er diese Ankäufe in guten Museen unterbringt. Sammler
haben Geld. Aber für einen Platz in der Kunstgeschichte, für
öffentliche Sichtbarkeit, Nachruhm und Unsterblichkeit braucht es
Museen.

Zu
besichtigen sind die Werke aus Schröders Schenkung ab morgen, dann
ist um 19 Uhr die Eröffnung der
Ausstellung. Falls
Sie hingehen, machen Sie sich auf was gefasst. Es gibt hier
Kunstwerke, die aus nichts als rostigem Stahl bestehen. Ein Gemälde
in Form eines Barcodes. Ein sauber gerahmtes Pornoheft. Und eine
Fotografie, die den Maler Martin Kippenberger nackt und erschöpft
auf einem Bett liegend zeigt, wie nach dem Sex (die Socken hat er
anbehalten).

Alexander
Schröder sagte einmal, er sammle vor allem Kunstwerke, die bei ihm
zuerst Ablehnung auslösten und ihm danach nicht mehr aus dem Kopf
gingen. Viele Arbeiten aus seiner Schenkung fallen in die Kategorie
“Bürgerschreck”. Umso bemerkenswerter, dass es bürgerliches
Engagement war, das sie ins Museum brachte.

Ich wünsche Ihnen einen
schönen Tag!

Ihr
Oskar Piegsa

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WAS HEUTE WICHTIG IST

Hamburg
bekommt eine neue zivilgesellschaftliche Bildungseinrichtung
gegen Antisemitismus.
Das
gab die Gleichstellungssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) gestern
bekannt. Es handelt sich dabei um eine von mehr als 150 Maßnahmen,
die der Senat in seiner neuen Landesstrategie gegen Antisemitismus
beschlossen hat. Weiterhin vorgesehen ist die Stärkung
des hamburgisch-israelischen Jugendaustauschs, die Aus- und
Fortbildung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst sowie eine
zweite Amtszeit für Stefan Hensel als Beauftragten für Jüdisches
Leben und die Bekämpfung von Antisemitismus. Die Maßnahmen
schließen an eine umfangreiche Umfrage des Senats unter Jüdinnen
und Juden in Hamburg an, in der 77 Prozent angegeben hatten, in
jüngster Vergangenheit antisemitische Vorfälle erlebt zu haben.

© Marcus Brandt/​dpa

Die
deutsche Hafenwirtschaft fordert mehr
Geld vom Bund.
Jährlich müssten 500
Millionen Euro zur Grundfinanzierung der Seehäfen an die Länder
fließen, sagte Angela Titzrath, die Präsidentin des Zentralverbands
der deutschen Seehafenbetriebe. Diese Summe müsse sich im
Koalitionsvertrag der nächsten Bundesregierung wiederfinden. Zudem
seien weitere Investitionen in den Neubau von Hafenanlagen notwendig.
Bislang zahlt der Bund den Ländern jährlich rund 38,3 Millionen
Euro für Investitionen in Seehäfen, diese Zahlung ist gesetzlich
geregelt. Verkehrsexperten der CDU schlossen sich den Forderungen der
Hafenwirtschaft an.

Ein Mann, der vor einem Jahr unerlaubt
das Gelände einer Kita in Lokstedt betreten

hatte, um
dort heimlich einen Weihnachtsbaum aufzustellen, wurde zu einer Geldstrafe
von 3.000 Euro verurteilt. Der nächtlichen Aktion war eine
Mitteilung der Kita-Leitung an die Eltern vorausgegangen, dass man
die Räumlichkeiten in diesem Jahr zwar festlich schmücken, jedoch
keinen Weihnachtsbaum aufstellen wolle. Begründet wurde das unter
anderem mit Rücksicht auf Kinder, die nicht christlichen Glaubens
sind. Mehrere Hamburger Medien und Internetnutzer skandalisierten
diese Entscheidung. Der Anwalt des Angeklagten sprach von einer
“guten Tat” seines Mandanten. Die zuständige Richterin des
Amtsgerichts sagte derweil, die Rechtslage sei “relativ simpel”:
Der Mann habe sich des Hausfriedensbruches schuldig gemacht.

In aller Kürze

• Könnten
Bürgerschafts- und Bundestagswahl auf
ein gemeinsames Datum
gelegt werden?
Dazu befragt der Verfassungsausschuss der Bürgerschaft morgen den
Landeswahlleiter •
Rund 8,2 Prozent der Erwachsenen in
Hamburg sind so hoch verschuldet,
dass
sie ihren finanziellen Verpflichtungen langfristig wohl nicht
nachkommen können. Das meldet die Wirtschaftsauskunftei
Creditreform. Bundesweit liegt der Wert minimal niedriger •
Und: Heute vor hundert Jahren erschien
der Roman “Der Zauberberg”
von Thomas
Mann
. Mutmaßlich eines von nur wenigen Werken der Weltliteratur,
dessen Hauptfigur aus Hamburg stammt

AUS DER
HAMBURG-AUSGABE

© Philipp Meuser für DIE ZEIT

Schrott vom Feinsten

In einem Keller in
der Amsinckstraße befindet sich Hamburgs erster Secondhand-Baumarkt.
ZEIT:Hamburg-Redakteurin Viola Diem hat ihn besucht. Lesen Sie hier
einen Auszug aus ihrem Artikel:

Die
Ringelblumen in den Pflanzenkübeln sind gerade verblüht. Im Sommer
hatten sie die Betonrampe verschönert, die an der Amsinckstraße in
den Keller eines Hochhauses hinabführt, bis zu einem orange
gestrichenen Garagentor. Darüber steht “Schrott bewahre”, der Name
dieses Geschäfts für ausgediente Baumaterialien, die anderswo im
Müll gelandet wären. Sie werden gespendet und hier in Hammerbrook
verkauft, die meisten für etwa die Hälfte des Neupreises.

Was
steht da in den Regalen? Kann man es noch benutzen? Und warum gibt es
von solchen Secondhand-Baumärkten nicht viel mehr in Hamburg?

Ein
Besuch an einem Dienstagnachmittag Anfang Oktober. Zur Öffnungszeit
um 15 Uhr fahren Nicolai Kwasniewski und Dennis Neumann, den alle nur
“Tukki” nennen, in einem schmuddelweißen VW-Bus die Rampe hinab.
“Schrott bewahre” ist seit der Eröffnung Ende September an zwei
Nachmittagen in der Woche geöffnet. 14 Leute umfasst das Kernteam,
die meisten sind zwischen 30 und 40 Jahre alt und kommen aus
verschiedenen Branchen, vom Verfahrenstechniker bis zur
Kulturmanagerin und DJane.

Tukki
Neumann ist Produktdesigner und einer der drei Vorsitzenden von
“Schrott bewahre”. Nico Kwasniewski nimmt gerade eine Auszeit von
seinem Job als Chef vom Dienst beim “Spiegel”. Er war damals dem
Aufruf der Gründer gefolgt, Marius Mandery, Michel Keding und
Marie-Jeanne Finke, und meldete sich als Ehrenamtlicher. Kurz nach
ihren Kollegen schiebt Katharina Gellert ihr Fahrrad die steile
Zufahrt hinunter. Die Modedesignerin erfuhr ebenfalls über Mandery
von dem Verein.

Die
drei werden bereits erwartet. Ein Mann sitzt auf einem selbst
gebauten Holzmöbel vor dem Eingang. “Komm rein, komm rein!”, sagt
Neumann und schließt das Garagentor auf. Der Besucher heißt Lukas
Rosier und ist ein junger Architekt aus Berlin. Er will Material
abgeben. Die letzten drei Wochen habe er mit einem französischen
feministischen Tischlerkollektiv am Innenausbau eines Kindermuseums
in der HafenCity gearbeitet.

Sie
hätten relativ gut geplant, sagt Rosier, aber am Ende des Projekts
sei doch etwas übrig geblieben. “Ein paar MDF-Platten” – das
Kürzel steht für mitteldichte Holzfaser. “Die kann man gut
zuschneiden und bunt anstreichen. Nices Material! Wir haben damit vor
allem Tribünen gebaut.” Außerdem empfiehlt Rosier, die
Großbaustelle nebenan zu besuchen. “Es ist irre, was da weggeworfen
wird, jeden Tag, containerweise!”, sagt er.

Was
im “Schrott bewahre” anders ist als im gewöhnlichen Baumarkt,
lesen Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf ZEIT
ONLINE.

Zum
vollständigen Artikel
 

DER SATZ

© Suzanne Caroline de Carrasco

“O
Gott, ich spreche das bestimmt jetzt ganz schlimm aus: ›Wie geit di
dat
?‹
Oder: ›Lütten Schietbüdel‹, ›Cleverschieter!‹”

Die
Schauspielerin Joyce Sanhá hat in einer plattdeutschen Theatergruppe
angefangen, ehe sie den Weg auf große Bühnen fand. Sie erzählt
davon im
Podcast
“Und was macht die Uni?” von ZEIT CAMPUS. Ob
ihre Aussprache wirklich so schlimm ist, hören Sie hier. 

DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN

Für das Internationale
Musikfest Hamburg 2025 in der Elbphilharmonie gibt es bereits
Tickets. Es findet vom 1.5. bis 5.6. unter dem Motto “Zukunft”
statt. Das Programm bietet 56 Konzerte mit berühmten Solisten und
Orchestern, auch den “klassischen” Rahmen erweiternde Musiker und
ein Begleitprogramm mit Gesprächen.

Internationales
Musikfest 1.5.–5.6.2025; Elbphilharmonie, Platz der Deutschen
Einheit 4; mehr Information und
Tickets gibt es hier

MEINE STADT

Erster Schnee in den Harburger Bergen © Ute Mansfeld

HAMBURGER SCHNACK

Ein Nachbar bringt uns
eine Forelle vorbei, die er gerade selbst geangelt hat. Ich bin
begeistert und sage zu meinem vierjährigen Enkel Max, dass dieser
Fisch, der gerade frisch aus dem Wasser kommt, bestimmt besonders gut
schmeckt.

Max: “Den esse ich
nicht. Ich mag nur Fische, die aus dem Supermarkt kommen.”

Gehört von Birgit
Hahlbrock

DIE HEUTIGE AUSGABE
ZUM VERTIEFTEN LESEN

Unsere
“Mona Lisa” (Z+) – Caspar
David Friedrichs “Wanderer über dem Nebelmeer” ist das berühmteste
Gemälde in der Sammlung der Kunsthalle. Dabei kam es erst spät nach
Hamburg – und seine Geschichte ist voller Rätsel (aus dem Archiv,
Dezember 2023).

Schrott
vom Feinsten (Z+) – In einem Keller in der Amsinckstraße befindet sich Hamburgs
erster Secondhand-Baumarkt.

Wie
folgt man seinem Traum, Joyce Sanhá?
– Joyce Sanhá liebte als Kind die Theatergruppe ihrer Oma, doch
traute sich lange nicht, Schauspielerin zu werden. Wie
sie es nach zwei Studienabbrüchen doch geschafft hat.