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Die Auferstehung Gottes in den Naturwissenschaften

Die Auferstehung Gottes in den Naturwissenschaften

Manche Mythen halten sich hartnäckig. Einer der folgenreichsten entstand vor 140 Jahren und wird seitdem immer wieder genährt. Ihm zufolge befänden sich Naturwissenschaften und Religion im Krieg miteinander. Der Sieger des Konflikts schien ebenfalls geklärt: Nur die Naturwissenschaften seien in der Lage, die Wirklichkeit angemessen zu erklären. Nicht umsonst wird im angelsächsischen Sprachraum das Wort „science“ (dt.: Wissenschaft) oft synonym für Naturwissenschaften gebraucht. Eine Folge: Gläubige Menschen, darunter selbst Wissenschaftler, erscheinen vielen ihrer Zeitgenossen bestenfalls als „unaufgeklärt“ und aus „der Zeit gefallen“.

Zu den Schöpfern dieses Mythos zählt der US-amerikanische Chemiker, Historiker und Philosoph John W. Draper. In seinem wirkmächtigen, 1884 erschienen Buch „Geschichte der Konflikte zwischen Religion und Wissenschaft“ verfocht er die These, es gebe einen grundlegenden und unvermeidlichen Konflikt zwischen religiösem Dogma und wissenschaftlicher Forschung. 1896 legte der US-amerikanische Historiker Andrew D. White, Mitbegründer der Cornell University in Ithaca, New York, noch einen drauf. In „Eine Geschichte der Fehde zwischen Wissenschaft und Theologie in der Christenheit“ suggeriert er, Tatsachen verfälschend, einen Krieg zwischen Wissenschaft und Theologie.

Die „vier Reiter“ des „Neuen Atheismus“

In jüngerer Zeit hat dieser Mythos vor allem durch Autoren, die zu den Begründern des „Neuen Atheismus“, zählen, Auftrieb erfahren. Ihre Hauptfiguren – Richard Dawkins, Daniel Dennett, Sam Harris und Christopher Hitchens – werden in Anspielung auf die vier Reiter der Apokalypse des Johannes, wo sie je eine Katastrophe repräsentieren (Krieg, Pest, Hungersnot und Tod), auch als „die vier Reiter“ (engl.: „The Four Horsemen“) bezeichnet. Mit ihren Büchern, allesamt Bestseller, und Vorträgen haben die „vier Reiter“ vor allem im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts den Eindruck zu erwecken versucht, die Vorstellung eines Schöpfergottes sei wissenschaftlich unhaltbar und irrational, Glaube und Religion für Gesellschaften und Staaten schädlich. Auch wenn es mittlerweile stiller um „die vier Reiter“ geworden ist, ihre vollmundigen, oft aggressiv vorgetragenen Thesen wirken nach.

Laut dem ehemaligen Geophysiker und College-Professor Stephen Meyer, der heute das Zentrum für Wissenschaft und Kultur des Discovery Institute in Seattle leitet, legen neuere Umfragedaten nahe, „dass in Nordamerika und Europa die wahrgenommene Botschaft der Wissenschaft beim Verlust des Gottesglaubens eine überdimensionale Rolle“ spielt. So gäben „mehr als zwei Drittel der Personen, die sich selbst als Atheisten bezeichnen, und ein Drittel derer, die sich als Agnostiker betrachten, an, „die Erkenntnisse der Naturwissenschaft“ machten „die Existenz Gottes weniger wahrscheinlich“. Andere Umfragen zeigten „einen dramatischen Anstieg in der Gruppe, die von Meinungsforschern ,nichts von allem‘ genannt“ werde: „Religiös ungebundene, agnostische oder atheistische Befragte – unter Studenten und Graduierten zwischen 18 und 33 Jahren.“ Das „rapide Wachstum dieser Gruppe“ sei „exakt“ während des Zeitraums erfolgt, „in dem die ,Neuen Atheisten‘ an Bekanntheit gewannen“.

Kein Widerspruch zur Annahme eines Schöpfers

Nun aber schlägt das Pendel zurück. Seit ein paar Jahren erscheinen vor allem im angelsächsischen Sprachraum zunehmend Werke ernstzunehmender Wissenschaftler, die zu zeigen verstehen, dass in Wirklichkeit alles ganz anders ist. Ihnen zufolge befänden sich Religion und Naturwissenschaft nicht nur nicht im Krieg. Bei seriöser Betrachtung stünden die Ergebnisse, welche die Naturwissenschaften mittlerweile zutage förderten, auch nicht im Widerspruch zu der Annahme eines Schöpfergottes, sondern stützten diese vielmehr – weit stärker und umfangreicher als alle anderen auf dem Markt befindlichen konkurrierenden Thesen.

Zu den prominentesten dieser Autoren zählen der Mathematiker und emeritierte Oxford-Professor John Lennox und der bereits erwähnte Stephen Meyer, beides evangelikale Christen. Aber auch der Genetiker und ehemalige Direktor der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde NIH (National Institutes of Health), Francis Collins, ein Katholik, sowie Alister McGrath, ein anglikanischer Priester, der auch Mathematik, Physik und Chemie studierte und heute Dogmatik und Ethik an der Universität Oxford lehrt, dürfen zu ihnen gerechnet werden.

Ungelöste Rätsel

Auch im deutschen Sprachraum gibt es Autoren, die sich der Materie annehmen. Allen voran Matthias Haudel, der Systematische Theologie an der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster lehrt und dessen 2021 erschienenes Werk „Theologie und Naturwissenschaft – Zur Überwindung von Vorurteilen und zu ganzheitlicher Wirklichkeitserkenntnis“ sämtliche Merkmale eines für den Universitätsbetrieb verfassten Standardwerkes aufweist. Ein sehr lesenswertes Buch legte im vergangenen Jahr auch der emeritierte Konstanzer Physiker Gerd Ganteför vor. In „Das rätselhafte Gewebe unserer Wirklichkeit und die Grenzen der Physik“ diskutiert er unter anderem zahlreiche „offene Fragen der Physik“ und zeigt zum Schluss, welch erheblichen Raum diese für religiöse Vorstellungen jedweder Provenienz lassen, einschließlich der eines wie auch immer gearteten Lebens nach dem Tod.

Folgt man diesen Autoren, sind es im Wesentlichen drei Phänomene, die sich mit Naturwissenschaften, die sich einem wissenschaftlichen Materialismus und/oder methodologischen Naturalismus verschrieben haben, nicht zufriedenstellend erklären lassen. Das Brisante daran: Bei allen drei handelt es sich keineswegs um Randphänomene, sondern um Entscheidendes. Als da wären: Die Feinabstimmung im Universum, die Entstehung von Leben und Bewusstsein.

Das feinabgestimmte Universum

Bis zur Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung im Jahr 1965 durch Arno Penzias und Robert Wilson, die dafür 1978 den Nobelpreis für Physik erhielten, nahm die Mehrheit der Wissenschaftler (ähnlich wie Aristoteles und Issac Newton) an, das Universum existiere ewig. Das änderte sich erst, als der Astronom Edwin Hubble 1920 entdeckte, dass das Universum sich ausbreitet. Noch 1948 publizierten die Physiker Fred Hoyle sowie Hermann Bondi und Thomas Gold unterschiedliche Versionen einer „Steady-State-Theorie“, die ein Universum ohne Anfang und Ende postulierten. Heute nimmt die Kosmologie an, dass das Universum, einschließlich Raum und Zeit, vor 13,8 Milliarden Jahren entstand. Der Urknall-Theorie zufolge war der gesamte Raum vor dem Urknall auf einen winzigen Punkt, auch Singularität genannt, konzentriert, in dem Dichte und Temperatur unendlich hoch waren. Seit dem Urknall expandiert das Universum, das heißt, der Raum selbst breitet sich aus. Und zwar gleichmäßig in alle Richtungen. Als Beleg dafür gilt die kosmische Hintergrundstrahlung, die nahezu überall im Universum gleichmäßig verteilt ist und es Kosmologen erlaubt, Alter, Zusammensetzung und Expansionsrate des Universums (Hubble-Konstante) zu bestimmen.

Viele Physiker stellen sich den expandieren Raum wie eine „leere Bühne“ (Gantenför) vor. Auf ihr fungierten die „Teilchen“ gewissermaßen als „Akteure“. „Agieren“ könnten sie aber nur, weil zwischen ihnen Grund- oder Naturkräfte wirken. Derer gibt es vier: Die Gravitation, auch Schwerkraft genannt, die elektromagnetische Wechselwirkung sowie die starke und die schwache Wechselwirkung, die bisweilen auch als starke und schwache Kernkraft bezeichnet werden. Physiker machen sie dafür verantwortlich, dass sich Teilchen „abstoßen, anziehen oder zu Aggregaten vereinigen“. Damit ein Schauspiel stattfindet, das nicht nur seit 13,8 Milliarden Jahren anhält, sondern vor rund 300.000 Jahren auch den homo sapiens auf die Bühne ließ, müssen die Naturkräfte jedoch in einem Ausmaß feinabgestimmt sein, das fassungslos macht.

Symphonie der Naturkräfte

Ein Beispiel: Laut Berechnungen des deutschen Physikers Peter C. Hägele müssen bei der Geburt des Universums die Expansionsgeschwindigkeit und die Schwerkraft mit der unglaublichen Genauigkeit von 1 zu 1060 aufeinander abgestimmt gewesen sein. Wäre die Schwerkraft nur geringfügig größer und die Expansionsgeschwindigkeit entsprechend geringer gewesen, hätte sich der Kosmos wieder zusammenziehen und kollabieren müssen. Umgekehrt: Wäre die Schwerkraft nur geringfügig niedriger und die Expansionsgeschwindigkeit folglich höher gewesen, hätte dies größere Ansammlungen von Materie und damit die Bildung von Sternen und Galaxien verunmöglicht. Berechnungen des US-amerikanischen Physikers Robert H. Dicke zufolge hätte bereits eine Abweichung der Expansionsgeschwindigkeit um 0,001 Promille dazu geführt, dass im Kosmos kein Leben entstanden wäre.

Ähnliches gilt auch für die anderen Grundkräfte. Wäre etwa die für die Bindungen im Atomkern verantwortliche starke Wechselwirkung nur um zwei Prozent höher, hätten sich keine Protonen bilden können und damit weder das relativ leichte Wasserstoffatom noch irgendeines der schwereren Atome. Laut dem britischen Physiker Paul Davies hätten sich keine Sterne bilden können, wenn das Verhältnis zwischen der starken Wechselwirkung und der elektromagnetischen Wechselwirkung, die dafür sorgt, dass sich Atome zu Molekülen verbinden, um einen Teil von 1016 abgewichen wäre. Auch das Verhältnis zwischen der elektromagnetischen Wechselwirkung und der Schwerkraft muss sehr fein abgestimmt sein. Erhöhte man es nur um einen Teil von 1040, hätten nur kleine Sterne entstehen können. Verringerte man es um den gleichen Betrag, gäbe es nur große. In einem Universum, das Leben ermöglicht, muss es aber sowohl große als auch kleine Sterne geben, denn nur die großen produzieren die schweren Elemente, die für die Bildung von Planeten und Lebewesen notwendig sind. Und nur die kleinen brennen lange genug, um Planenten so lange zu erhalten, dass sich auf ihnen Leben entwickeln und ausbreiten kann. Wie Lennox in seinem im vergangenen Jahr erschienen Buch „Kosmos ohne Gott? – Warum Glaube und Wissenschaft zusammengehören“, schreibt, entspräche die Feinabstimmung der Naturkräfte „der von einem Schützen benötigten Genauigkeit, um eine Münze am anderen Ende des beobachtbaren Universums, 20 Milliarden Lichtjahre entfernt, zu treffen.“ Da Licht sich mit 299.792 Kilometern pro Sekunde bewegt, entspricht ein Lichtjahr einer Entfernung von rund 9,46 Billionen Kilometern.

Die Entstehung von Leben

In seinem 2023 erschienen Buch „Die Wiederentdeckung Gottes – Wie Kosmologie und Biologie einen Schöpfer erkennen“ widmet Meyer der Feinabstimmung im Universum ganze zwei Kapitel. Darin schildert er unter anderem, wie der bekennende Atheist Hoyle, der die Urknall-Theorie noch als „big bang“ verspottet hatte, dem Atheismus den Rücken kehrte, nachdem er in den 1950er Jahren das Ausmaß der Feinabstimmung entdeckte, das notwendig ist, damit sich Beryllium und Helium zu Kohlenstoff verbinden können. Hoyle’s Fazit: „Eine vernünftige Interpretation der Fakten legt nahe, dass ein Superintellekt mit der Physik ebenso wie mit der Chemie und Biologie gespielt hat und dass es keine nennenswerten blinden Kräfte in der Natur gibt. Die Zahlen, die man aus den Fakten errechnet, erscheinen mir so überwältigend, dass diese Schlussfolgerung nahezu außer Zweifel steht.“ Meyer zufolge gibt es neben den Parametern, die Hoyle entdeckte, noch ein Dutzend weiterer, die ähnlich feinabgestimmt sein müssen, damit das Universum Leben, unser eigenes eingeschlossen, ermöglicht. Oder um es mit den Worten des Astrophysikers Luke Barnes von der Western Sydney University, Co-Autor des Buches „A Fortunate Universe – Life in a Finely Tuned Cosmos“, zu sagen: „Das ganze System erscheint wohldurchdacht, wie etwas, das jemand geplant und erschaffen hat.“

Trotz intensiver Forschung hat kein einziger Wissenschaftler bis heute eine Erklärung dafür gefunden, wie Leben auf der Erde entstehen konnte. Selbst Dawkins räumte 2008 öffentlich ein, dass die Menschheit nicht wisse, wie Leben entstand. In seinem 1976 erschienenen Weltbestseller „Das egoistische Gen“ hatte er die Entstehung von Leben noch mithilfe von „Replikatoren“ erklärt. Molekülen, die sich in „der sogenannten Ursuppe“ „zufällig“ gebildet und die „außergewöhnliche Eigenschaft“ besessen hätten, „Kopien“ ihrer selbst herzustellen. Wie andere Neodarwinisten auch verlagerte Dawkins dabei die Prinzipien der Evolutionstheorie – zufällige Mutationen und natürliche Selektion, die zum Überleben der Bestangepassten führen – auf das Feld der Chemie. Nur funktioniert dies dort nicht.

Das Rätsel des genetischen Codes

Wie der US-amerikanische Chemiker Charles Thaxton und seine Kollegen Walter Badley und Roger Olsen in „The Mystery of Life’s Origin“ darlegen, können chemische und physikalische Prozesse allein genauso wenig Leben erzeugen, wie Druckerschwärze und Papier in der Lage sind, ein Buch zu verfassen. Oder um es mit Stuart Kauffman zu sagen, einem US-amerikanischen Universalgelehrten, der „autokatalytische Systeme“ erforscht: „Wer behauptet, er wisse, wie das Leben auf der Erde vor ungefähr 3,45 Milliarden Jahren entstanden ist, ist ein Narr oder ein Schurke.“ „Autokatalytische Systeme“ sind laut Lennox geschlossene Systeme, „die ein sich selbst erhaltendes chemisches Reaktionsnetzwerk enthalten, in dem alle Moleküle sich gegenseitig aus einer zugrunde liegenden Nahrungsquelle katalysieren“. Ein Beispiel für ein solches System ist eine lebende Zelle.

Lebende Zellen verarbeiten Informationen. Verschlüsselt gespeichert finden sie sich auf einem Makromolekül namens Desoxyribonukleinsäure, kurz DNS (engl.: DNA), im Zellkern. Die DNS besteht aus einer Kette einfacherer Moleküle, den Nukleotiden. Nukleotide bestehen aus einem Zucker-Molekül (Desoxyribose), einem Phosphatrest und einer Base, durch die allein sie sich unterscheiden. Derer gibt es vier: Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin, kurz A, C, G, T. Während die DNS eines E.-coli-Bakteriums etwa 9,2 Millionen dieser Nukleotide umfasst, was einem Buch mit etwa 1.000 Seiten entspricht, sind es beim Menschen rund 3,5 Milliarden, weit umfangreicher als die „Encyclopaedia Britannica“. Und da der Organismus eines Menschen aus etwa 10 Billionen (= 1013) Zellen besteht und die im Zellkern dreidimensional gefaltete DNS eine Länge von jeweils rund zwei Metern aufweist, beträgt die Gesamtlänge der dort gespeicherten Informationen rund 20 Milliarden Kilometer.

Zufälle und der vollgetankte Ferrari

Bei den in der DNS gespeicherten Informationen handelt es sich nicht um x-beliebige, sondern um funktionale Informationen. Ohne auf die komplexen Mechanismen einzugehen, mittels derer diese ausgelesen werden, enthalten sie präzise Anweisungen für die Herstellung von Proteinen, die der menschliche Organismus zu seinem Erhalt benötigt. So sorgen Strukturproteine für den Aufbau neuer Haut-, Haar-, Knorpel- oder Muskelzellen, während Transportproteine Sauerstoff aus den Lungen durch das Blut in die Organe befördern. Als Enzyme beschleunigen sie den Stoffwechsel im Organismus, während sie ihn als Antikörper vor Eindringlingen wie Bakterien oder Giftstoffen schützen. Laut Meyers Berechnungen ist die Wahrscheinlichkeit, dass in einem präbiotischen Milieu „auch nur ein einziges funktionales Protein“ zufällig produziert wird, nicht höher als 1:10164. Zum Vergleich: Die Wahrscheinlichkeit, sechs Richtige im Lotto zu erzielen, beträgt etwa 1:107.

Selbst der New Yorker Philosoph und bekennende Atheist Thomas Nagel räumte bereits 2012 in „Geist und Kosmos – Warum die materialistische neodarwinistische Konzeption der Natur so gut wie sicher falsch ist“ ein, dass es keine „realisierbare Darstellung, nicht einmal eine rein spekulative“ gebe, die erkläre, „wie ein System, das so erstaunlich funktional komplex und informationshaltig ist wie eine sich selbst reproduzierende Zelle … allein durch chemische Evolution aus einer toten Umwelt hervorgegangen sein könnte“. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Und dafür gibt es einen Grund: Nach Ansicht von Lennox und Meyer erfordern spezifische, funktionale Informationen ausnahmslos einen intelligenten Urheber. Anders formuliert: Wer behauptet, ein vergleichsweiser einfacher Organismus wie der eines E-Coli-Bakteriums mit seinen 9,2 Millionen Nukleotiden könne zufällig entstanden sein, kann genauso gut postulieren, Stürme könnten, wenn sie oft genug über Autofriedhöfe hinwegfegen, auch einmal einen funktionsfähigen, vollgetankten Ferarri Testarossa mit passendem Schlüssel im Zündschloss zurücklassen.

Logos: Grund von Vernunft und Realität

Ähnliches gilt für das Bewusstsein. Wie Lennox schreibt, hätten die Neurowissenschaften „beeindruckende und wertvolle Fortschritte bei der Korrelation von geistiger Aktivität mit elektrochemischer Aktivität in der Großhirnrinde gemacht“. Etwas anderes wäre es jedoch, erstere auf letztere zu reduzieren. Und in der Tat: Ließe sich Mentales auf physikalische und chemische Prozesse reduzieren, wäre die Fähigkeit, sich selbst sowie Tätigkeiten des Verstandes wie Denken, Verstehen, Planen, aber auch Emotionen wie Freude und Angst, wahrnehmen und steuern zu können, eine Illusion. Nur: Wäre sie dies, wäre die Behauptung, dies „entdeckt“ zu haben, auch eine. Mit der Folge, dass sich „die Welt des rationalen Diskurses“, wie der 2021 verstorbene britische Physiker John Polkinghorne anmerkte, „in das absurde Geplapper feuernder Synapsen“ auflöse.

Polkinghorne selbst ist ein Beispiel dafür, dass seriöse Wissenschaft und der Glaube an einen Schöpfergott Hand in Hand gehen können. Der spätere Templeton-Preisträger gab seinen Lehrstuhl in Cambridge auf, um Priester der Church of England zu werden. „Die Wissenschaft“, erklärte er, „erforscht die rationale Transparenz und Schönheit der Welt, die das Zeichen ihrer Schöpfung durch das göttliche Wort (den Logos) ist, der sowohl der Grund der Vernunft als auch der Realität ist.“

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